Endlich – der Pelzig ist wieder unterwegs! Natürlich mit Cordhut, Radl und seiner zusammenklappbaren Freundschaftsbank, auf die er die Leute zum Interview, Ratschen, Schimpfen und Philosophieren bittet. Um angesichts von Klimakatastrophe, Pandemie und Krieg nicht endlos im Hamsterrad der Ohnmacht zu strampeln, tritt er kräftig in die Pedale. Fest entschlossen, den zentralen Fragen unserer Gesellschaft auf den Grund zu gehen. „Scheiß Macht!“ ist denn auch das knackige Motto der ersten von drei neuen Folgen „Beim Pelzig auf der Bank“. Die Fortsetzung des ausgezeichneten Roadmovie-Doku-Talkformats mit Kabarettist Frank-Markus Barwasser (62) startet heute um 20.15 Uhr auf 3sat.
Wie gut, dass es in Deutschland Gemeinden wie Machtlos, Freiheit oder Lieblos gibt. Da hat der Pelzig doch gleich ein konkretes Ziel für sein Fahrrad-Navi. Schwarz auf gelb steht’s auf dem Ortsschild, das der psychologisierende Franken-Freud im Fall von Machtlos am liebsten gewaltsam umlegen würde. Die Polizei verhindert’s, und Pelzig zieht weiter, klappt seine Bank aus und rückt dem Phänomen Macht auf die Pelle.
Und wer, wenn nicht Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, wäre da als Ansprechpartner geeigneter? Im Schatten der Nürnberger Burg versucht Barwasser, in der Rolle der Kunstfigur Erwin Pelzig den Landesvater aus der Reserve zu locken. Ob man in der Politik nicht „a weng a Sau sein müsste, von wegen schmutziges Geschäft und so“. Und er, der Söder, sei ja „scho a rechter Rempler“.
Einschätzungen, die der Ministerpräsident nur mit hochgezogenen Augenbrauen und einem spöttischen Schmunzeln quittiert. Dass Söder manchmal in der Politik eine Instanz wie im Fußball vermisst, die Fouls ahndet, und sich dabei selbst als Stürmer sieht, der auf dem Weg zum Tor von anderen zu hart angegangen wird, entlockt nicht nur dem Pelzig ein herzhaftes Lachen.
Es macht Spaß, dem „kleinen Mann von der Straße“ bei seinen Gesprächen zuzuschauen. Weil er Erstaunliches aus den Menschen herauslockt, die er eben mal so unter dem Brandenburger Tor um ihre Einschätzung zum Thema Macht bittet. Pelzig hakt nach und hört zu: Wie der bemerkenswerten BASF-Erbin Marlene Engelhorn, die ihre Millionen mit anderen schwerreichen Erben in der Initiative „Tax Me Now“ (Besteuere mich jetzt) gerechter unterm Volk verteilen will. Eine junge Frau, die klar und klug im Gespräch mit Pelzig seziert, warum es in unserer Gesellschaft so wenig Gerechtigkeit und Chancengleichheit gibt.
Sehenswert ist auch das Treffen mit der Nonne Philippa, die Pelzig beim rheinischen Niederwalddenkmal trifft. Ihr entlockt er die Prognose, dass es bald auch einen weiblichen Papst geben kann. Ganz ohne Brimborium, ohne Eitelkeit und Profilierungszwang ist Frank-Markus Barwasser in dieser wunderbaren Sendung als Erwin Pelzig unterwegs. Kein rasender, sondern ein radelnder Reporter, der als frecher Franke die Fähigkeit besitzt, genau hinzuschauen, um den Weltenwahnsinn mit Witz und Weisheit zu kommentieren.