Bei aller Liebe

von Redaktion

„TATORT“-KRITIK Der Münsteraner Jubiläumsfall „Ein Freund, ein guter Freund“ enttäuscht

VON KATJA KRAFT

Es tut einem ein bisschen leid als Fan der Münster-„Tatorte“ (Objektivität? Journalisten sind auch nur Menschen). Doch angesichts des Jubiläumsfalls „Ein Freund, ein guter Freund“ muss man schreiben, was seit Amtsantritt des Teams vor 20 Jahren immer deutlicher wurde: Jan Josef Liefers kann hübsch affektiert die Kunstfigur Karl-Friedrich Boerne geben – doch wenn etwas facettenreicheres Spiel, gar wahrhaftige menschliche Emotionen gefordert sind, endet das Repertoire des 58-Jährigen.

Und deshalb musste dieser Film scheitern. Weil Autor Benjamin Hessler dem egomanen Rechtsmediziner diesmal sehr wenige und dann auch noch ziemlich maue Sprüche ins Drehbuch geschrieben hat. Und ihn stattdessen von seiner gefühlvollen Seite zeigen wollte. Schwierig, wenn das der Hauptdarsteller nicht hergibt. So war dies die wohl langweiligste Jubiläumssause, die man je sah. Da helfen auch nicht Regisseurin Janis Rebecca Rattennis Versuche, durch geteilte Bildschirme, die mehrere Szenen gleichzeitig zeigen, für Spannung zu sorgen.

Im neuen Film hat Boerne auf einmal Freunde. Richtig enge sogar. So scheint es am Anfang. Klar fragt man sich als langjährige Zuschauerin, warum man Friedhelm (Jan Georg Schütte) und Veronika Fabian (Proschat Madani) bisher nie kennengelernt hatte. Dass die sich am Ende als abgebrühte Kriminelle und falsche Spezln herausstellen, ist dann wieder stimmig.

Allerdings ist das zwischen Boerne und Veronika ein bisschen mehr als Freundschaft. Der Herr Professor ist verliebt. Das erkennt Thiel (Axel Prahl) sofort. Und spricht es aus – ein Glück, sonst hätten wir’s nicht so recht bemerkt. Hier zeigt sich, dass Prahl seinem Kollegen künstlerisch meilenweit überlegen ist. Er hatte im Januar in „Des Teufels langer Atem“ seinen großen Auftritt. Wie nun in Boernes, ging es damals in Thiels Gefühlswelt. Als er glaubte, sein Vadder werde sterben, brachte Prahl die große Angst und tiefe Trauer des liebenswerten Kommissars wahrhaftig herüber. Und machte den Film sehenswert.

So ist’s bei „Ein Freund, ein guter Freund“ wie beim Jubiläum zum 30. Fall 2016: Der hieß „Feierstunde“ – und war das glatte Gegenteil. Vielleicht sollten die Münsteraner einfach aufhören, zu Festtagen etwas Außergewöhnliches machen zu wollen. Denn alles außer gewöhnlich sind sie doch sowieso.

Artikel 3 von 3