Ein wenig Wehmut schwingt mit, wenn Lucas Gregorowicz gesteht: „Adam wird mir fehlen.“ Nach sieben Jahren und zwölf Kriminalfällen spielt der 46-Jährige an diesem Sonntag um 20.15 Uhr zum letzten Mal den deutsch-polnischen Ermittler im ARD-„Polizeiruf 110“. „Abgrund“ heißt die Episode, die tatsächlich in die Tiefe geht, in Vergangenem gräbt und dunkle Geheimnisse ans Tageslicht holt. Ein Fall, der Gregorowicz als Kommissar Adam Raczek an seine Grenzen und darüber hinaus führt.
Warum war es für Sie Zeit zu gehen?
Ich hatte das Gefühl, dass ich alles getan habe, um diese Figur an mich heranzuziehen und Adam Raczek mit all seinen Facetten, ja auch Widersprüchen, zu spielen. Aber natürlich wiederholen sich die Aufgaben im klassischen Sonntags-Krimi. Da gibt’s den Mord, die Ermittlungen und am Ende die Auflösung. Als Kommissar bedient man ein ziemlich festgelegtes Rollenfach, und für das sind mir irgendwann die Ideen ausgegangen.
Schade, zumal man gerade in Ihrem letzten Fall spürt, wie viel Potenzial noch im Zusammenspiel mit Ihrem neuen Partner André Kaczmarczyk gesteckt hätte…
Ja, das stimmt. Da wären noch schöne Geschichten drin gewesen. André ist ein Partner, wie ich ihn seit 25 Jahren nicht mehr hatte. Um genau zu sein, seit Moritz Bleibtreu nicht. Es ist selten, dass die Chemie so stimmt, dass man das Gefühl hat, zu zweit besser zu sein als allein. Aber jetzt ist für mich Zeit zu gehen, um mich neuen Herausforderungen zu stellen.
Ein berührendes Finale, das Adam Raczek am Limit zeigt. Er hat zu viel Deprimierendes gesehen und erlebt. Ein Gefühl, das derzeit vielleicht viele Menschen teilen…
Ich finde auch, dass der Krimi etwas sehr Aktuelles aufgreift. Es ist schwer, Überforderung und Hilflosigkeit zuzulassen. Dass einem alles über den Kopf wächst, haben in den vergangenen beiden Jahren sicher viele Menschen erlebt. Adam ist in diesem Fall eine Art Blaupause und es gefällt mir, dass er Konsequenzen zieht und bereit ist, die Dinge zu ändern, die ihm nicht mehr guttun. Für mich ist das ein würdiger Abschied. Einer, den er verdient hat.
Es ist nicht nur ein Abschied von Ihnen, sondern auch von Ihrem langjährigen Kollegen Fritz Roth, der im August leider verstorben ist. Welche Erinnerungen haben Sie an diesen Dreh?
Das war unser letzter gemeinsamer Film und soweit ich weiß, hat er danach auch nichts mehr gedreht. Ich hatte zu Fritz, der ja lange dabei war, einen guten Draht. Er war ein Kauz – im besten Sinne – mit einer schroffen Schale und einem schelmischen, weichen Kern. Er wird in dieser Truppe fehlen.
Mit Ihnen wird es ein Wiedersehen in der ARD geben. Sie drehen derzeit in München und Umgebung die deutsche Version einer norwegischen Miniserie. Worum geht’s?
Ich drehe „Die Augenzeugen“, eine spannende Thriller-Reihe, in der Nicolette Krebitz und ich die Hauptrollen spielen. Es wird sehr spannend. Viel mehr möchte ich eigentlich noch gar nicht verraten.
Das Gespräch führte Astrid Kistner.