Immer wieder greift die Doku-Reihe „37 Grad“ Themen auf, die Menschen in schwierigen Alltagssituationen zeigen. Selten aber entwickelt ein Film so eine Wucht und berührt so tief wie „Der Tod – Die beste Entscheidung meines Lebens“, den das ZDF heute um 22.20 Uhr zeigt. Es ist die Geschichte des 23-jährigen Noah Berger, der Autorin Tina Soliman und Kameramann Torsten Lapp mit auf seine letzte Reise nimmt.
Noah ist 20, als er auf dem Nachhauseweg nach einer Kennenlern-Party fürs Sportstudium von einer Straßenbahn erfasst wird. Als er aus dem Koma erwacht, ist er vom Hals ab gelähmt. „Bewegung war mein Leben“, erinnert sich der ehemalige Basketballprofi, der mit Sport sein Geld verdiente. Noch in der Krankenhauskapelle sagt er zu seiner Mutter: „Ich will das nicht. Ich möchte bitte tot sein.“ Worte, die Claudia Berger tief schmerzen. Doch die beiden treffen eine Abmachung: Noah soll wenigstens versuchen, sich in seinem neuen Leben zurechtzufinden. Und er kämpft hart, trifft Freunde, wird Basketball-Coach, beginnt ein Psychologie-Studium. „Die Liebe meiner Familie hat mir die Kraft gegeben, diese drei Jahre durchzustehen“, sagt er. „Und trotzdem weiß ich jetzt, dass ich so nicht weitermachen will.“
Wer sich in Freiheit für den Tod entscheidet, darf sich dabei helfen lassen, heißt es in der Gesetzgebung. Allerdings muss überprüft werden, ob der Sterbewunsch konstant ist. Noah wendet sich an einen entsprechenden Verein und beginnt sein Ableben zu planen. Eine aufwühlende Zeit für seine Mutter, Bruder Janne und seine Freunde. Im Film fließen viele Tränen, und es fällt schwer, die eigenen zurückzuhalten. Denn die Interviews von Autorin Tina Soliman zeigen, wie sorgfältig alle Betroffenen über die Umstände nachgedacht haben.
Während die Ex-Freundin Noah Egoismus vorwirft, beginnt Mutter Claudia ihren Sohn zu verstehen. „Er weiß, dass es für uns unerträglich ist, und trotzdem kann er keine Rücksicht nehmen. Weil der Weg, den er gehen würde, um seine Familie glücklich zu machen, ihn zutiefst unglücklich machen würde.“ Lieben bedeute eben auch loszulassen, sagt die bemerkenswerte Frau, die ihn bis zum letzten Atemzug begleitet, als er im Februar 2022 mit dem Kinn den Schalter für die Gift-Infusion umlegt. Sie ist sich sicher: Noah bleibt, denn er war da.