Zurück ins pralle Leben

von Redaktion

Walter Sittler und Andrea Sawatzki in der ARD-Komödie „Sterben ist auch keine Lösung“

VON KATHARINA ZECKAU UND KLAUS BRAEUER

„Du bist in tiefer Mitternacht.“ Mit dieser schwermütigen Erzählung langweilt der sonderbare Ex-Bibliothekar Hermann Weber (Walter Sittler) die Zuhörer eines Buchclubs. Sie haben sich vor einem Kamin versammelt und lauschen mehr oder minder ergriffen. Der Mann ist eben ein ziemlicher Misanthrop und möchte sich keineswegs am „allgemeinen Kulturverfall“ beteiligen. Wenig später erhält Weber eine Krebsdiagnose, lehnt aber jegliche Form einer Behandlung ab, da seine Frau vor 30 Jahren Ähnliches durchgemacht hat und trotzdem gestorben ist. Doch es kommt anders, als von dem Kranken geplant, wie die Tragikomödie „Sterben ist auch keine Lösung“ zeigt. Sie ist an diesem Freitag um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.

Ingo Raspers Film nach dem Drehbuch von Matthias Lehmann zeigt einen desillusionierten Mann, der entschlossen ist, seinem Leben ein Ende zu machen. Der Anruf bei einem Sterbehilfeverein in der Schweiz führt jedoch zu nichts, auch die Einnahme von Morphium scheitert. Seine Tochter und seinen Enkel, zu denen er schon lange keinen Kontakt mehr hat, will er über seine Situation nicht informieren. Die Entscheidung, dem Tod ins Auge zu sehen, möchte er allein treffen.

Da taucht eines Tages im Lesekreis eine neue Frau auf, die rothaarige, exzentrische Hanne (Andrea Sawatzki). Sie drückt ihm ein Buch in die Hand, das für ihn zur von ihm verachteten Trivialliteratur zählt und in dem es um eine Frau geht, die alle ihre Ehemänner unter die Erde gebracht hat und jetzt deren Erbe durchbringt. Da er sie für die Autorin hält, sucht er die Bekanntschaft der Schwarzen Witwe, in der vagen Hoffnung, dass ihn ein ähnliches Schicksal ereilen möge. Woraus selbstverständlich nichts wird.

Von der Wiederentdeckung des Lebens erzählt Regisseur Rasper („Liebe ist unberechenbar“) hier sehr schön, mit witzigen, mitunter derben Dialogen und Metaphern, originellen Einfällen, etwas Slapstick und unerwarteten dramaturgischen Wendungen, ohne dass der Film jemals „überdreht“ wirken würde. Dazu gibt es immer wieder leise Momente, unterlegt mit unaufdringlicher Klaviermusik. Buch und Regie gelingen eine schöne Balance, nicht nur zwischen den beiden Hauptfiguren, sondern gerade auch in der alles andere als klischeehaften Beziehung zwischen dem Witwer und seiner Tochter.

Schauspieler Walter Sittler (70, „Der Kommissar und der See“) spielt einen Einsiedler, der – mit wirrem Haar und tiefen Augenringen – ganz in seine Bücherwelt versunken ist und mit seinem nicht vorhandenen Luxus angibt, bis er sich neu verliebt. Seine Kollegin Andrea Sawatzki (59, „Familie Bundschuh“) gibt ganz vortrefflich eine lebenslustige Frau, die mit farbenfroher Kleidung und einem mintgrünen Citroën DS Break scheinbar mühelos durchs Leben kurvt. Doch sie ist natürlich beileibe keine Schwarze Witwe, und er lässt sich natürlich trotzdem auf sie ein. Denn schließlich ist das Leben eben doch keine Schmonzette – und dieser schöne Film zum Glück auch nicht.

Artikel 2 von 3