Es war ein schweres Erbe, das Michael Altinger und Christian Springer im Jahr 2013 antraten. Ein „Schlachthof“ ohne Otti, kann das gut gehen? Es kann! Die beiden Kabarettisten haben ein treues Publikum, pro Ausgabe sahen im vergangenen Jahr immerhin 1,2 Millionen Fans bundesweit zu. Heute um 21 Uhr läuft im BR Fernsehen die 100. Sendung.
Herr Altinger, im Interview zum neuen „Schlachthof“ vor zehn Jahren haben Sie gesagt, dass Sie das Ungeplante reize. Wie oft war in all den Jahren, in denen Sie beide die Sendung präsentieren, etwas wirklich ganz ungeplant?
Michael Altinger: Das ist schon hin und wieder vorgekommen, als es noch live war. Da ist während der Moderation mal der Teleprompter ausgefallen, oder ein Kollege hat etwas gesagt, was das Publikum sehr irritiert hat. Ich erinnere mich sehr gut daran, dass Matthias Egersdörfer mal nach seinem Solo von der Bühne abgegangen ist und einen Zuschauer angeschnauzt hat: „Was schaust’n so bled?!“ Mittlerweile zeichnen wir ja auf. Christian Springer: Aber es kommt durchaus vor, dass eine Panne dringelassen wird, wenn sie besonders gut ankommt. Im Fernsehen soll ja immer alles perfekt sein, aber wir wissen alle, dass die Leute es lieben, wenn Pannen passieren.
Sie, Herr Springer, gelten eher als politischer Kabarettist, Sie, Herr Altinger, sind eher einer, der, wie man so schön sagt, dem Volk aufs Maul schaut. Gab’s zwischen Ihnen auch schon mal einen Streit darüber, ob eine Nummer zu scharf oder zu wenig scharf ist?
Altinger: Es ist tatsächlich oft der Christian, der etwas mehr Schärfe hineinbringt. Springer: Wobei diese Charakterisierung eigentlich ein Klischee ist, weil ich schon auch wahnsinnig viel Quatsch im Kopf habe, und der Michael auf der anderen Seite nicht wirklich unpolitisch ist. Es gibt da keine Podeste, die man nicht verlässt, der „Schlachthof“ ist für uns eine Plattform, die uns die Möglichkeit gibt, die ganze Bandbreite des Kabaretts aus uns herauszukitzeln.
Gibt es viele Briefe und Mails an die Redaktion oder an Sie persönlich, Beschwerden, Beschimpfungen – oder vielleicht auch mal Lob?
Altinger: Eigentlich gibt’s nur Lob. (Lacht.) Nein, es kommt schon viel von ganz rechts. Springer: Wir sind ja beide auch in Sozialen Netzwerken vertreten, das heißt, jeder von uns kriegt separat Zuschriften, einiges erreicht uns über unsere Agenturen, und natürlich geht auch viel an den BR. Der älteste Zuschauer schreibt noch in Sütterlin und schickt den Brief per Post… Altinger: … und zwar direkt an die Intendanz.
Hat das zugenommen? Man hat das Gefühl, dass die Leute immer aggressiver werden.
Altinger: Der Ton ist bei vielen wirklich sehr aggressiv, und es fehlt nie der Hinweis, dass das, was wir da machen, von ihren Gebühren bezahlt wird. Aber es gibt tatsächlich auch Zuschauerinnen und Zuschauer, die uns ermutigen, genau so weiterzumachen.
Hat sich Ottfried Fischer eigentlich jemals zu seinen Nachfolgern geäußert?
Springer: Wir sind in einem guten Kontakt. Ich glaube, diese Sendung mit uns beiden gäbe es nicht, wenn er nicht seinen Segen dazu gegeben hätte. Wir haben ja nicht ein Schiff neu gezimmert, sondern nur das Ruder übernommen. Mir fällt es nicht schwer zu sagen: Danke Ottfried, dass Du uns den „Schlachthof“ übergeben hast! Altinger: Wobei wir die Sendung schon weiterentwickelt haben. Sie ist bunter geworden, der Stammtisch ist nicht mehr ganz so dominant, wie er es bei „Ottis Schlachthof“ war.
Das Gespräch führte Rudolf Ogiermann.