Er werde seine Partnerin nicht in seine Sendung einladen, das „versteht sich von selbst“, sah sich Louis Klamroth gezwungen zu versichern, als bekannt wurde, dass er die ARD-Talkshow „Hart aber fair“ übernimmt. Der Nachfolger von Frank Plasberg ist wie berichtet mit der Klimaaktivistin Luisa Neubauer liiert, was dem Westdeutschen Rundfunk (WDR) bei Vertragsunterzeichnung nicht bekannt war und zu Kritik im Rundfunkrat des Senders geführt hat. Aber kann Klamroth über das Klima überhaupt „neutral“ diskutieren lassen, auch ohne Neubauer in der Runde? Diese Frage stellten sich immerhin 2,85 Millionen Zuschauer (Marktanteil: 10,6 Prozent) bei der jüngsten Ausgabe zum Thema „Letzte Abfahrt – Wie verändert die Klimakrise Alltag und Leben?“ Das waren so viele wie noch nie, seit der 33-Jährige das Format Anfang Januar übernommen hatte. Sie alle müssen konstatieren, dass man dem Moderator offensichtliche Parteilichkeit jedenfalls nicht unterstellen kann.
Allerdings warf die Sendung mehr Fragen auf, als sie beantwortete, was durchaus außer mit dem etwas unentschiedenen Motto, das eher zu einer Doku passen würde, auch mit Klamroths Gesprächsführung zu tun hatte. Denn der ließ die Diskussion zu oft einfach laufen, eröffnete immer wieder mit pseudo-provokanten Sätzen wie „Jetzt hat es geschneit – Problem gelöst?“ Zum Glück hatte er im Meteorologen Sven Plöger einen Experten in der Runde sitzen, der mit belastbaren Zahlen und Fakten über den Klimawandel und die vielbeschworenen „neuen Technologien“, die die Rettung vor der Klimakatastrophe seien, dienen konnte.
Ansonsten schien sich Klamroth auf den berühmten „Faktencheck“ am nächsten Tag zu verlassen, vieles an (Schein-)Argumenten durfte ohne seine Intervention stehen bleiben, so beispielsweise der bemerkenswerte Satz von Automobilverbandspräsidentin Hildegard Müller, SUVs seien nicht größer als andere Autos. CDU-Wirtschaftspolitikerin Gitta Connemann konnte mit ihrer „Sündenbock Tourismus“- und „Sündenbock Autofahrer“-Rhetorik ebenfalls viel zu oft unwidersprochen passieren.
Aber auch auf der anderen Seite, vertreten durch die junge Klimaaktivistin Aimée van Baalen, wurde vieles nicht hinterfragt, beispielsweise ihre Rede von einem obskuren „Gesellschaftsrat“ als eine Art Ersatzparlament. Da überließ Klamroth die Gegenrede fast vollständig den anderen Diskutanten, an ihrer Spitze FDP-Mann Konstantin Kuhle („Das ist der Weg in den Willkürstaat“). Um später, wie um das Versäumnis wiedergutzumachen, die Sprecherin der „Letzten Generation“ mit Fragen zur Quelle ihrer Einkünfte in die Zange zu nehmen.
Vielsagend, dass der Moderator, anders als sein Vorgänger, nur wenige Einspieler abfahren konnte, die erfahrungsgemäß die Diskussion vom Kopf wieder auf die Füße stellen. Der letzte, in dem es um die Sorgen Jugendlicher um ihre Zukunft ging, blieb sogar praktisch undiskutiert im Raum stehen. Stattdessen hatte die Redaktion die Idee, anstelle der Zuschauerreaktionen am Ende eine Umfrage am Flughafen zu platzieren, in der Passagiere mit der CO2-Bilanz von Flügen konfrontiert wurden. Schlechtes Gewissen in der Totalen.
Erwartungsgemäß kontrovers bewerteten Zuschauer in den Sozialen Netzwerken diese „Hart aber fair“-Ausgabe. „Klimaaktivisten haben jetzt auch ihre eigene wöchentliche Sendung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, ätzte ein gewisser Holger Kopp bei Twitter. „Die unerträgliche Gitta Connemann, FDP-Mann Konstantin Kuhle und Hildegard Müller, Cheflobbyistin der Autoindustrie, lügen uns die Hucke voll. Armer Sven Plöger, armes Format“, polterte dagegen ein User, der sich „Tjards Wendebourg“ nennt. Ein Echo, das möglicherweise etwas weniger disparat ausgefallen wäre, wenn Louis Klamroth seine Rolle als hart (nach-)fragender Moderator tatsächlich wahrgenommen hätte. Und zwar in alle Richtungen.