Ein ungewöhnlicher Lehrer

von Redaktion

Das Doku-Meisterwerk „Herr Bachmann und seine Klasse“ läuft erstmals im Fernsehen

VON AMALIA KÖPPEL

„Du lachst immer so schön. Das ist so toll“, bedankt sich Dieter Bachmann bei seinem Schüler Erdzhan. Der Lehrer unterrichtet an der 6b der Georg-Büchner-Gesamtschule im hessischen Stadtallendorf 19 Schüler aus zwölf Nationen. Kinder zu selbstsicheren Erwachsenen zu erziehen, darin sieht er seine Berufung. Mit großen Erfolgen. Regisseurin Maria Speth hat in ihrer preisgekrönten Dokumentation „Herr Bachmann und seine Klasse“ die Unterrichtsweise dieses außergewöhnlichen Lehrers über den Zeitraum eines Schuljahres hinweg eingefangen. An diesem Samstag ist der Film erstmals im Fernsehen zu sehen: 3sat zeigt ihn ab 20.15 Uhr.

„Tim, wie stellst du dir deine Traumfrau vor?“ Eine lebendige und zugleich tiefgründige Diskussion erfüllt sogleich den Raum. Das ist oft so: Bachmann hakt nicht einfach systematisch den Lehrplan ab, sondern versucht, die Migrantenkinder, die oft noch mit der deutschen Sprache hadern, durch anregende Geschichten und Musik zum Lernen und zur Selbstreflektion zu animieren. In fast schon repetitiven Episoden spricht der Lehrer mit den Kindern über ihre Träume, Sorgen und Ängste. Empathisch und offen geht er auf sie ein: „Deine Geschichte hat mich sehr bewegt“, sagt Bachmann etwa zu Ayman, als dieser berichtet, aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse ausgelacht worden zu sein.

In dreieinhalb Stunden fängt der Film ausgedehnt die Entwicklung der anfangs teils recht rebellischen oder zurückhaltenden Schüler zu selbstbewussten Menschen mit Zukunftsplänen ein. „Ich habe Sie wirklich lieb“, gesteht dann sogar sein wildester Zögling Cengizhan im Laufe des Films. Bachmanns Erfolgsrezept? Es bringe nichts, den Lernstoff „reinzuhauen“, ist der 64-Jährige überzeugt. So ein Lehrer wolle er nicht sein. Sein Gespür für die Bedürfnisse der Schüler führt er auch auf die eigene schwierige Kindheit zurück, überschattet von der Alkoholsucht der Eltern. Für Bachmann, der zeitweise mit dem in seinen Augen restriktiven Schulsystem haderte, ist der Beruf Berufung geworden: Die Arbeit mit den Kindern gebe ihm so viel.

Dass der Film fast vier Stunden dauert, mag einschüchtern. Doch komplex und dicht erzählt, gelingt ein kurzweiliges Meisterwerk.

Artikel 4 von 4