Grauen aus der Tiefe

von Redaktion

Die 40 Millionen Euro teure ZDF-Serie „Der Schwarm“ setzt auf Massentauglichkeit

VON KATRIN BASARAN

Es war im Februar 2004, als Frank Schätzing (Foto: dpa) die Bücherwürmer dieser Welt mit seinem Science-Fiction-Thriller überraschte. „Der Schwarm“ erzählte von Meeresbewohnern, die sich atypisch benahmen, mutierten und gezielt Menschen attackierten. Wissenschaftler rätselten und kamen dem Phänomen in den Ozeanen auf die Spur: Die Natur schlägt zurück! Leser lernten etwas über Methanressourcen unter Wasser, das Verhalten von Walen oder Krabben. Das ZDF hat das Werk nun mit großem Aufwand als Achtteiler aufbereitet. Heute werden die ersten beiden Folgen ab 20.15 Uhr gezeigt. In der Mediathek sind die ersten sechs Episoden bereits zu erleben, Mittwoch folgt das zweiteilige Finale. Vor der TV-Premiere hatte die Serie bereits über acht Millionen Aufrufe in der Mediathek.

Mehr als 40 Millionen Euro hat die Produktion gekostet, an der sich auch Sender aus Norwegen, Frankreich, Japan, Italien, Österreich und der Schweiz beteiligten. Autor Schätzing soll anfangs beratend gewirkt, sich dann aber enttäuscht zurückgezogen haben. Es pilchere mehr, als dass es schwärme, sagte er in einem „Zeit“-Interview, mit Blick auf die dargestellten zwischenmenschlichen Beziehungen der Protagonisten in der Serie. Und, nun ja, da ist schon etwas dran.

Showrunner Frank Doelger, („Game of Thrones“) musste sich entscheiden, was man wie aus dem rund 1000 Seiten umfänglichen Öko-Thriller so komprimiert, dass eine halbwegs spannende und vor allem verständliche Handlung übrig bleibt. Offenbar entschied man sich, die akribisch recherchierten wissenschaftlichen Aspekte in der Serie auf ein massentaugliches Minimum herunterzufahren. Dafür schwang man lieber die große Tod-Trauer-Bedauern-Keule. Dann gern auch großformatig eingefangen und in so vielen Wiederholungen, bis denn auch der Letzte kapiert hat: Klimawandel, Ausbeutung von Ressourcen und Zerstörung der Ökosysteme sind tödlich.

Einige wissenschaftliche Fakten werden auch serviert, so sie denn zur Spannung und Dramatik taugen. Und zugegeben – wenn der Buckelwal den Forscher prüfend anschaut, Meeressäuger senkrecht schlafen oder der Tsunami rollt, sind das eindrucksvolle Bilder. Dazu kommen Traumkulissen in satten Farben – selbst das schäbigste Fischerdorf in Kanada oder die kalte Steinbude auf der einsamen schottischen Insel wirken romantisch-farbsatt unter nahezu immerwährendem blauem Himmel.

Noch mit Schätzings Zustimmung spielt die Serie im Hier und Jetzt mit Auswirkungen auf das Figurenensemble: Es ist diverser. Der alte weiße Biologieprofessor Sigur Johanson ist mit dem schwedischen Darsteller Alexander Karim jünger und vor allem schwarz. Die starrköpfige Forscherin Charlie Wagner, gespielt von Leonie Benesch, wurde aus zwei Figuren des Buches zusammengeschustert, und aus dem Kieler Meeresgeologen Gerhard Bohrmann wurde die Professorin Katharina Lehmann, also eine Frau, die von Barbara Sukowa verkörpert wird. Die Serie wartet mit einigen weiteren bekannten Namen auf wie Cécile de France, Sharon Duncan-Brewster, Oliver Masucci oder Klaas Heufer-Umlauf. Doch auch sie können nicht verhindern, dass die meisten Figuren fremd und kalt bleiben.

Fazit: Die Hochglanz-Serie mag keine Zeitverschwendung sein. Ins Schwärmen gerät man aber kaum.

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