In der Rolle des Tatortreinigers Schotty spielte sich Bjarne Mädel in die Herzen der Zuschauer. Unzählige Auszeichnungen erhielt er für seine humorvollen Aufräumarbeiten in der gleichnamigen Serie. Doch wie sieht dieser Beruf in der Realität aus? „Flüssigkeiten wie Blut sind das kleinste Problem“, sagt Marcell Engel. Über 15 000 Mal war der professionelle Tatortreiniger in den vergangenen 28 Jahren im Einsatz. Seine Erfahrungen hat der Bad Sodener jetzt in der Münchner Freiheitshalle geteilt. „Meine Aufgabe ist es, Spuren des Todes für immer zu beseitigen“, erklärt der 49-Jährige dem gebannten Publikum.
Leichen, Verwesungsgerüche, Ungeziefer und Exkremente sieht er täglich. Filmische Aufnahmen seiner Arbeit zeigen, was er damit meint. Dabei erzählt jeder wüst zugerichtete Schauplatz eine eigene Geschichte. „Es sind Tatorte des Lebens“, meint Engel. Hier geht es jedoch nicht nur um Mord und Totschlag; auch mit Zeugnissen extremer Einsamkeit und Drogensucht wird er als Tatortreiniger häufig konfrontiert. Dabei sei das gar nicht seine erste Berufswahl gewesen. Als Leiter eines Abschleppdienstes reinigte er in jungen Jahren einen Luxuswagen, in dem jemand durch Kopfschuss Suizid begangen hatte. „Da habe ich das erste Mal diesen markanten Geruch des Todes gerochen, den ich nie wieder vergessen werde“, sagt er.
Dieses Ereignis prägte Engel nachhaltig: „Damals habe ich mich entschieden, mich in diese Richtung weiterzuentwickeln.“ Gewisse Fälle haben sich dabei besonders bei ihm eingebrannt. In dramatischen Ausführungen geht er auf sie ein. Besonders der blutverschmierte Bungalow eines Lottomillionärs, der seine Frau, ihren Liebhaber und schließlich sich selbst erschoss, sei ihm in Erinnerung geblieben. „Trotz seines Reichtums konnte er sich das Glück nicht erkaufen“, reflektiert Engel.
Ganz nach dem Motto der Show „Was wir von den Toten lernen können“, teilt er parallel zu dem Grauen auch positive Lebensweisheiten seiner jahrzehntelangen Berufserfahrung. Wie er mit den traumatisierenden Erlebnissen seines Alltags umgehen könne, fragt eine Psychotherapeutin aus dem Publikum. Eine Mischung aus Meditation, Sport und bewusster Ernährung würde ihm helfen, das Erlebte zu bewältigen, sagt Engel. Besonders schlimme Fälle nähmen ihn natürlich trotzdem mit, vor allem Kindermorde. „So etwas kann man nicht verarbeiten“, meint der Mann, der bereits mehr als 50 derartige Tatorte gesäubert hat.
Auch wenn seine Geschichten für Gänsehaut-Momente sorgen, das Publikum zeigt sich begeistert von Engels Erzählungen. „Die Mischung aus True-Crime und Lebensmotivation ist sehr gut gelungen“, findet Josephine Holm (23) aus Garmisch-Partenkirchen. „Es ist toll, wie er dieses ernste Thema so unterhaltsam vermitteln kann“, meint Dominik Reeß (28) aus Tübingen. Auch Claudia Ofner (40) ist eigens aus Österreich angereist: „Ich fand es beeindruckend, dass man aus den negativen Geschichten auch Positives mitnehmen kann.“