„Du bist der einzige Mensch, den ich kenne, der seine Oma beklaut“, sagt Bijan zu seinem Freund Winne. „Das ist keine Oma“, erwidert der nur trocken. Tatsächlich dauert es einige Zeit, bis sich zwischen der grimmig-dominanten Unternehmerin Christel (Katja Riemann) und ihrem rebellischen Enkel (Damian Hardung) eine Beziehung entspinnt, die das Lebensgefühl der späten Sechziger widerspiegelt. Die ARD-Reihe „Unsere wunderbaren Jahre“ findet opulente Bilder für den Zusammenprall von Traditionsbewusstsein und Freiheitsdrang.
Nun startet die Fortsetzung der aufwendigen Verfilmung von Peter Pranges gleichnamiger Familiensaga. Der Sender hatte 2020 mit der ersten Staffel einen Überraschungserfolg gelandet: Jeweils sechs Millionen Menschen schauten an drei Abenden zu, als es um Schuld und Zusammenbruch, Aufbauwillen und Lebenslust in der unmittelbaren Nachkriegszeit Deutschlands ging. Zehn Millionen riefen das Melodram in der ARD-Mediathek ab. Dort stehen von diesem Samstag an auch die neuen Episoden bereit, bevor das Erste sie an zwei Dienstagen, 15. und 22. März, jeweils ab 20.15 Uhr ausstrahlt.
Dass Unternehmerin Christel Wolf (wunderbar gespielt von Katja Riemann) trotz schlohweißer Turmfrisur und Gehstock keine Oma ist, kann man als Zuschauer sofort unterschreiben. Sie führt ihre Fabrik mit eiserner Hand, hat ihre Investoren und auch den Rest der Familie fest im Griff. Dabei imponiert sie mit ihrer unkonventionellen Art dem Enkel, den sie zum Nachfolger aufbauen möchte. Schauspieler Damian Hardung ist als Winne ein echter Glücksgriff: Souverän gibt er den durch und durch sympathischen James-Dean-Verschnitt aus dem Sauerland, der von Freiheit und Aufbruch träumt und dabei zwischen Coolness und Liebenswürdigkeit changiert.
Regisseurin Mira Thiel erzählt „Unsere wunderbaren Jahre“ mit dem richtigen Mix aus Dramatik, Nostalgie und Zeitgeschichte. Eine fein ausgestattete Fortsetzung, die nach einem etwas plakativen Start in der zweiten Hälfte an Tiefe gewinnt.