Die Drittelregelung kennt jeder deutsche Schrebergärtner: Ein Drittel des Grundstücks ist für die Laube vorgesehen, ein Drittel muss mit Obst und Gemüse bepflanzt werden, und auf dem letzten Drittel dürfen Liegestuhl und Sonnenschirm aufgestellt werden, denn es ist der Erholung und dem sogenannten Ziergarten vorbehalten. Nur eine von vielen Regeln, mit denen hierzulande das kleine Gartenglück am Wochenende organisiert ist und von denen viele in einem Gesetz festgehalten sind. Auch die Höhe der Hecke einer Parzelle ist fest vorgeschrieben, wie die amüsante und zugleich lehrreiche Dokumentation „Der Schrebergarten“ heute auf Arte den Zuschauer informiert.
In Berlin und Köln zum Beispiel darf sie 1,25 Meter hoch sein, in Magdeburg und Leipzig dagegen nur 1,20 Meter und in München stolze 1,30 Meter. Zudem wird seit jeher darauf geachtet, dass die Parzelle in einem guten Zustand ist – eine Regel, an die sich in den Zwanzigerjahren auch der Nobelpreisträger Albert Einstein halten musste. Dem weltberühmten Physiker, der in Berlin-Spandau einen kleinen Schrebergarten hatte, wurde vom Vereinsvorstand schriftlich die Kündigung angedroht, sollte er sein verwahrlostes Grundstück nicht aufräumen, was der Wissenschaftler dann umgehend versprach.
Der mit viel Liebe zum Detail gemachte Beitrag von Katherina Lörsch widmet sich mit einem ironischen Unterton dem Phänomen Schrebergarten, ohne das Thema gnadenlos zu veralbern oder begeisterte Kleingartenfreunde, von denen einige zu Wort kommen, als tumbe Spießer vorzuführen. Die Autorin verzichtet auf eine unangebrachte gönnerhafte Attitüde, denn immerhin gibt es allein in Deutschland mehr als eine Million Schrebergärten, in denen es sich meist gestresste Städter am Wochenende oder in den Ferien gutgehen lassen.
Die Bezeichnung Schrebergarten geht auf den im 19. Jahrhundert wirkenden Leipziger Orthopäden und Hochschullehrer Moritz Schreber zurück, der sich mit sozialen Fragen des Stadtlebens zu Beginn der Industrialisierung beschäftigte und zu dessen Ehren der erste Schreberverein 1864 in Leipzig von dem Schuldirektor Ernst Innozenz Hauschild gegründet wurde. Auch in Frankreich entstanden Kleingärten, in denen sich Arbeiter und Angestellte am Wochenende erholen konnten – dort gibt es zwar auch Regeln und Vorschriften, doch die sind nicht so streng wie in Deutschland, so darf die Hecke bis zu zwei Meter hoch werden.
Die Dokumentation konzentriert sich größtenteils zwar auf deutsche Schrebergärten in Berlin, Essen und anderswo, Filmautorin Lörsch hat aber auch über den Tellerrand geschaut und einen Schrebergarten in Paris besucht. Außerdem gibt es interessante Infos und Zahlen über Kleingartenanlagen und ihre zahlreichen Fans in anderen europäischen Ländern wie Polen, Österreich oder Italien.
Natürlich darf in dem Film auch der Gartenzwerg nicht zu kurz kommen – Schätzungen zufolge sollen sich sage und schreibe 25 Millionen der rotbemützten Wichtel in deutschen Gärten herumtreiben. Der Beitrag ordnet die kulturgeschichtliche Bedeutung des Gnoms aus Ton oder Keramik ein und zeigt dem Zuschauer, wie Gartenzwerge in einer Manufaktur in Thüringen hergestellt werden.
„Der Schrebergarten“
läuft heute um 20.15 Uhr auf Arte.