Pauline steht kurz vor dem Abitur, ist sportlich, spielt mehrmals in der Woche Tischtennis. Bis vor zwei Jahren, da bekommt sie Fieber, fühlt sich krank. Das Fieber klingt schnell ab, die Erschöpfung bleibt, tagelang, wochenlang. Nach einem dreimonatigen Ärztemarathon endlich die Diagnose – ME/CFS. Hinter dieser Abkürzung verbergen sich die Begriffe Myalgische Enzephalomyelitis beziehungsweise Chronisches Erschöpfungssyndrom. Paulines Leben erscheint von einem auf den anderen Tag ohne Perspektive, die 19-Jährige liegt kraftlos im Bett oder sitzt im Rollstuhl. ME/CFS ist schon länger bekannt, doch erst durch Corona und das Phänomen Long Covid widmen ihr Ärzte und Forschung größere Aufmerksamkeit. „Jede Anstrengung ist zu viel“, lautet der Titel einer Reportage im Rahmen der Reihe „37 Grad“, für die Andrea Wörle und Max Rachals drei Betroffene porträtiert haben. Das ZDF zeigt ihren Film heute um 22.15 Uhr.
Menschen wie Pauline, für die jedes Aufstehen ein Kraftakt ist und die sich fast jeden Tag die Frage stellen, ob ihr Leben noch einen Sinn hat – obwohl ihre Familie alles für sie tut. Menschen wie Martin (34), der sein Leben im Bett im Haus seiner Eltern im nordrhein-westfälischen Gütersloh verbringt, seit mehr als vier Jahren schon. Es begann mit einer Infektion, die eine milde Form von ME/CFS auslöste. Immerhin konnte er noch sein erstes juristisches Staatsexamen schreiben. Dann der zweite Zusammenbruch ein paar Jahre später – aus der Traum von einer Karriere als Rechtsanwalt. Auch seine Wohnung musste der ehemalige DJ aufgeben.
Zwölf Jahre lang wartete die 44-jährige Barbara aus Kiel auf ihre Diagnose. Zu unbekannt und unerforscht war die Erkrankung. Nun hofft sie auf Besserung durch neue Therapiemöglichkeiten, um mehr Energie im Alltag zu haben. „Jede Anstrengung ist zu viel“ will nicht zuletzt auch dem „guten Rat“ begegnen, Betroffene müssten sich nur „zusammenreißen“. DIETER PAUL ADLER