Für dieses Wochenende hatten viele Fernsehkritiker einen Nachruf geplant. Auf „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS), auf das System Castingshow, vielleicht auch schon auf Dieter Bohlens Karriere. Doch entgegen früherer Ankündigungen lässt RTL den Showklassiker nun doch nicht mit dem Finale am Samstag um 20.15 Uhr sterben. Der oft als „Pop-Titan“ verklärte Bohlen verkündete eine Woche vor Ostern eine Wiederauferstehung: DSDS wird 2024 weitergehen (wir berichteten). Der 69-Jährige sprach von einer „unglaublichen Verbreitung“ von DSDS, nicht nur im linearen Fernsehen und über Streaming, sondern auch bei Instagram und Tiktok. Deshalb wolle man jetzt doch weitermachen.
Das stimmt ein bisschen. Die Show hat im Vergleich zu 2022, das von Bohlens zeitweiligem Rauswurf und dem nicht von allen geliebten Juror Florian Silbereisen geprägt war, wieder mehr Publikum, bewegte sich in dieser Staffel immerhin grob zwischen zwei und 2,3 Millionen. Und die Streaming-Zuschauer zählen natürlich extra. Aber dennoch: Die erste Staffel 2002/03 haben bis zu 15 Millionen Menschen verfolgt.
Der Medienwissenschaftler Marcus S. Kleiner bringt den Erfolg von ganz früher auf den Punkt: „Der Versuch, großes Entertainment zu machen, eine große Geschichte zu erzählen – das war in Deutschland neu. Es brachte internationalen Flair in die doch etwas provinzielle deutsche Fernsehunterhaltung von damals.“ Ein zweiter Faktor, warum die Show früher so gut lief: DSDS verkaufte die klassische Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Legende. Eben noch Aushilfe in der Videothek, morgen schon Robbie Williams. Jeder kann es schaffen, wenn er Talent hat und hart an sich arbeitet.
Im Jahr 2023 hingegen konzentrierte sich die Boulevard-Presse zuletzt weniger auf die Castingstars, sondern mehr auf die wütenden Blitze, die zwischen Bohlen und Katja Krasavice (26, „Sex Tape“) vor den Zuschauern hin und her flogen. Als Auslöser der Differenzen gilt eine Szene der aktuellen Staffel, in der Bohlen zu einer Kandidatin sagt: „Hast du irgendwas Normales gemacht? Oder hast du nur Abi und dich durchnudeln lassen?“
Harmonischer dürfte es an diesem Samstag zugehen. Der Gewinner von DSDS erhält 100 000 Euro sowie einen Plattenvertrag. Darum kämpfen Monika Gajek, Lorent Berisha, Sem Eisinger und Kiyan Yousefbeik ein letztes Mal live vor Jury und Publikum. In der 21. Staffel soll es dann keine Altersgrenze mehr geben: Bewerben dürfen sich alle ab 16 Jahren. Bislang konnten nur Kandidaten bis 30 teilnehmen.