„Ich wollte, dass man Angst vor mir hat“

von Redaktion

Schauspieler Christian Redl, der Mann für die geheimnisvollen Typen, wird heute 75

VON ULRIKE CORDES

Im mythisch angehauchten ZDF-„Spreewaldkrimi“ fesselt er die Zuschauer schon seit 2006 als wortkarger, eigenbrötlerischer Ermittler Thorsten Krüger. Und auch zuvor hatte Christian Redl immer wieder in Rollen geglänzt, in denen er geheimnisvoll, um nicht zu sagen gefährlich wirkte. So bereits im Jahr 1990 im auf Tatsachen beruhenden Thriller „Der Hammermörder“, der dem damaligen Theaterschauspieler mit dem Grimme-Preis zugleich den Durchbruch im Fernsehen einbrachte.

Aber auch fernab des Bildschirms und der Bühne wirkt der Mann durch seine Statur und den kahlen Schädel auf manche Menschen einschüchternd. „Zeit meines Lebens habe ich auch sehr viel dafür getan, mich zu einem etwas geheimnisvollen Typen werden zu lassen“, sagt Redl, der heute 75 Jahre alt wird: „Es war mir wahnsinnig wichtig, dass ich unnahbar war und man nicht wusste, was man von mir zu erwarten hat, wenn man mich anspricht. Und dass man auch ein bisschen Angst vor mir hatte.“ Die Erklärung dafür liefert der Künstler gleich mit: „Das kam aus einer absoluten Unsicherheit. Ausgelöst durch einen Satz meines Vaters, der mich für’s Leben geprägt hat: ,Du bist dumm, aber sieh’ zu, dass es niemand merkt.‘“

Wie diese Kindheit und Jugend, in der auch die Mutter nicht liebevoll war, zu mangelndem Selbstbewusstsein führte, erzählt Redl in klaren und wahrhaftig wirkenden Worten in seiner jüngst erschienenen Autobiografie „Das Leben hat kein Geländer“. Redl betont, dass er seine Geschichte allein für seine Ehefrau, die er mit 61 Jahren kennenlernte, aufgeschrieben habe – erst Freunde hätten für eine Veröffentlichung gesorgt. Denn eigentlich verabscheue er Memoiren von Schauspielern. Das Schreiben habe ihn sich schließlich innerlich mit seinen Eltern versöhnen lassen, verrät er.

Im Buch macht Redl zudem deutlich, wie ihm die Kunst zum „absoluten Rettungsanker“ geriet. Denn auf der Waldorfschule erfuhr er in der Rolle von Shakespeares „Hamlet“ erstmals Bestätigung. Und damit Antwort auf die Frage, welchen Beruf er ergreifen soll. „Ich wollte erkannt werden, ich wollte auch jemand sein“, sagt Redl. Damals immer in der Hoffnung, durch seine Rollen sich selbst zu finden.

Seine Bühnenkarriere führte ihn nach Wuppertal, Frankfurt am Main, Bremen und Hamburg. Oft stieß den jungen Darsteller jedoch die Diskrepanz zwischen dem linken politischen Anspruch unter Theaterleuten und deren eigenem Verhalten ab: „Sie haben dieselben Machtspiele mit uns gespielt wie ihre autoritären Vorgänger.“ Redl verfiel dem Alkohol, von dem er später aus eigenem Antrieb wieder loskam. Er erzählt im Buch auch von missglückten Beziehungen, etwa der Ehe mit seiner Bühnenkollegin Marlen Diekhoff und der Liebe zu Maja Maranow („Ein starkes Team“), die 2016 starb. Und dann war da noch die Musik, zu Texten von Villon, Baudelaire und Rimbaud.

Musik macht er heute nicht mehr, auch das Theater sei für ihn uninteressant geworden. Dafür lädt der sprachverliebte Redl mit seinem Freund Ulrich Tukur und der Pianistin Olena Kushpler immer wieder zu Lesungen klassischer Verskunst. Und er würde sich wünschen – nach den vielen ernsten Rollen – auch einmal sein Talent als Komiker beweisen zu dürfen.

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