Qualität im Fernsehen – oft gefordert, selten gezeigt. Doch die Jury des renommierten Grimme-Preises hat das TV- und Streamingangebot fest im Blick. Zum 59. Mal vergibt sie an diesem Freitag die begehrte Auszeichnung im Stadttheater Marl (Nordrhein-Westfalen). Und einer kann sich ganz besonders freuen: Tim Mälzer, Lieblingskoch des Kölner Privatsenders Vox, räumt gleich zwei Trophäen ab.
Für was? Kitchen Impossible, Ready to beef! oder Mälzer und Henssler liefern ab!? Unterhaltsame Formate, in denen der 52-jährige Hamburger als Küchenbulle und Rampensau randaliert, gibt es genug. Doch sowohl Publikum als auch Jury haben ihr Herz und ihre Hochachtung an ein besonderes Projekt des Fernsehkochs verschenkt: die Vox-Produktion Zum Schwarzwälder Hirsch – eine außergewöhnliche Küchencrew und Tim Mälzer. Das Projekt, bei dem 13 Menschen mit Downsyndrom dabei unterstützt werden, ihr eigenes Restaurant zu führen, siegt in der Kategorie Unterhaltung und darf sich dazu noch über den „Publikumspreis der Marler Gruppe“ freuen.
Eine „Wahnsinnsauszeichnung“ für Mälzer und das ganze Team, die diese kritisch beäugte Idee zur Herzenssache machten. Denn nur wenige glaubten im Vorfeld daran, dass das wirklich klappt: Ein gutes Dutzend junger Menschen mit Downsyndrom in nur zwei Monaten zu einer Küchen- und Servicecrew zu formen, die eigenverantwortlich funktioniert. „Ich habe fantastische Persönlichkeiten kennengelernt, die mich oft an die Grenze des Zusammenbruchs geführt haben“, gesteht Mälzer schmunzelnd.
„Das war keine Schlittenfahrt, sondern eine echte Reise mit vielen Hochs, aber auch sehr vielen Tiefen. Und natürlich gab es Momente, wo ich dachte: Verdammt, ich hab die falsche Entscheidung getroffen.“ Doch Mälzer erkennt das Potenzial seiner Schützlinge, und er weiß: „Zu häufig wurden Menschen mit Downsyndrom am Arbeitsmarkt zu schnell aufgegeben.“
Schauplatz des gefeierten Inklusions-Experiments, das übrigens fortgesetzt werden soll, ist das Hofgut Himmelreich im Schwarzwald, ein Inklusionsbetrieb, der seit mehr als 20 Jahren Menschen mit und ohne Behinderung zusammenbringt.
Zum Schwarzwälder Hirsch sei eine Produktion, die in vielerlei Hinsicht herausragend ist, lobt die Grimme-Jury in ihrer Begründung. „Sie geht sensibel mit ihren Protagonistinnen und Protagonisten um. Sie ist spannend erzählt, kreativ in ihren Mitteln. Aber besonders bemerkenswert ist ihr kritischer Anspruch.“ Denn die Sendung macht von Anfang an klar: Dieses Projekt soll beweisen, dass Menschen mit Downsyndrom auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten können, es verdient haben, einem Beruf nachzugehen und dafür fair bezahlt zu werden. Den meisten Betroffenen bleibt bislang nur eine Tätigkeit in Werkstätten übrig. „Wenn das Format nur eine Person überzeugen kann, einen jungen Menschen mit Downsyndrom einzustellen, hat es schon etwas geleistet“, sagt Tim Mälzer, der die Trophäen am Freitag in Empfang nehmen wird.
Sendehinweis:
Der Kulturkanal 3sat zeigt die von Jo Schück moderierte Gala heute um 22.25 Uhr zeitversetzt.
Das Projekt erhält außerdem den Publikumspreis