Ihr Lauf zurück ins Leben

von Redaktion

INTERVIEW Anna Schudt rennt im neuen ZDF-Drama am Montagabend dem Kummer davon

Als Dortmunder „Tatort“-Kommissarin wurde sie zum Star, doch nach zehn Jahren und 22 Folgen zog Anna Schudt 2022 einen Schlussstrich. Jetzt hat die Charakterdarstellerin wieder Zeit für andere komplexe Rollen – so wie im TV-Drama „Laufen“, das am kommenden Montag um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen ist. In der Verfilmung des gleichnamigen Romans von Isabel Bogdan spielt die 49-Jährige eine Berufsmusikerin, die nach dem Suizid ihres Lebensgefährten in Trauer versinkt – als sie mit Joggen beginnt, hilft der Sport ihr aus der Krise.

In Ihrem neuen Film geht es um Trauer. Wie sehr trauern Sie Ihrer Rolle als Martina Bönisch beim „Tatort“ hinterher?

Gar nicht, es gibt auch keinen Amputationsschmerz oder dergleichen. Es war eine wunderbare Zeit, aber ich hadere überhaupt nicht mit der Entscheidung. Ich habe mich diesem Projekt zehn Jahre lang gewidmet, und dann war es auch mal gut. Ich fand es einen super Zeitpunkt, um die Rolle abzugeben, ich vermisse nichts.

Sie haben in einer Talkshow erwähnt, dass nach Ihrem letzten „Tatort“ zunächst gar keine Angebote kamen. Hatten Sie da Angst, dass der Ausstieg doch ein Fehler war?

Immer wieder hatte ich ein mulmiges Gefühl, ja. Aber das hörte auch wieder auf. Ich bin gesegnet mit viel Vertrauen in das, was da kommt. Ich fühle mich gut geleitet, wenn ich das so esoterisch formulieren darf. Aber zugegeben, zwischendurch scharre ich bei solchen Durststrecken schon mit den Hufen und denke: Jetzt könnte mal wieder was passieren. Aber dann muss man einfach stillhalten. Man muss als Freiberufler gute Nerven haben, anders geht es nicht.

Für den Film „Laufen“ sind Sie zur Läuferin geworden…

Ich bin schon vorher immer mal wieder gejoggt, ich habe es allerdings nicht so sehr geliebt. Ich hatte aber das Glück, dass mir der Film schon ein Jahr vor Drehbeginn angeboten wurde, sodass ich mich mit dem Laufen ganz intensiv beschäftigen konnte. Ich bin in die Lauferei eingestiegen, bin dann irgendwann so weit gekommen, jeden Tag zu laufen, und das hat interessante und wahnsinnig spannende Auswirkungen gehabt. Bis heute laufe ich. Das hat mich nicht losgelassen.

Was gibt Ihnen das Laufen?

Laufen macht mich einfach froh. Es hat so ungeheuerliche Auswirkungen auf mein Nervensystem und meine inneren Zustände, dass ich es nicht mehr lassen kann. Ich muss mich zwar nach wie vor jedes Mal überwinden, morgens die Laufschuhe zu schnüren, aber hinterher bin ich jedes Mal glücklich. Wenn ich rausgehe, und es ist still, dann ist das meine Zeit mit mir. Ich höre dabei auch keine Musik und strebe auch keine Wettkampfteilnahme an.

„Laufen“ war der erste Film, den Sie nach Ihrem „Tatort“-Abschied gedreht haben. Sie spielen in der Romanverfilmung eine Frau, die nach dem Freitod ihres Lebensgefährten ihre Trauer verarbeiten muss und mit Joggen anfängt.

Ich fand das als Filmstoff sehr ungewöhnlich. Der Roman ist ja ein reiner innerer Monolog einer Frau, die läuft, und ich konnte mir nicht vorstellen, wie man das filmisch umsetzt – bis ich dann den ersten Drehbuchentwurf in Händen hielt. Mich interessiert die Aufwärtsspirale, die diese Frau bewältigt, aus ihrer großen Einsamkeit heraus. Man darf als Trauernder jede Empfindung haben, auch Wut, alles darf da sein. Man muss sich die Zeit nehmen, die man braucht. Und irgendwann gibt es eben doch einen Lichtschimmer, und auf den kann man zulaufen.

Würden Sie nicht gerne mal einen heiteren Stoff spielen?

Aber ja! Nach „Laufen“ und dem Mobbingdrama „Die Bürgermeisterin“ habe ich tatsächlich auch Dinge abgelehnt, die mir zu schwer waren. Danach hatte ich erst mal die Schnauze voll von Trauer, Mobbing und anderen Grässlichkeiten. Denn natürlich macht so ein Sujet was mit einem. Man beschäftigt sich mit seelisch anstrengenden Dingen, das macht nicht immer nur Spaß. Im Moment drehe ich zum Beispiel eine Weihnachtskomödie, das ist sehr lustig.

Das Interview führte Cornelia Wystrichowski.

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