Ein komplettes Gericht, serviert auf einem einzigen Löffel – in der Kochshow „The Taste“ müssen die Kandidatinnen und Kandidaten kulinarische Genüsse in Häppchenform kredenzen. Ab heute ist beim Privatsender Sat.1 eine neue Staffel des vor zehn Jahren gestarteten Formats zu sehen. Seit der ersten Folge dabei als Juror und Coach ist Starkoch Alexander Herrmann (51).
Wie schwierig ist es im Fernsehen zu vermitteln, wie etwas schmeckt?
Ich sage mal salopp: „The Taste“ ist keine Kochshow, sondern eher eine Ess-Show. Wir reden darüber, was auf einem Löffel alles schön war und was vielleicht gestört hat. Und da wir vier Juroren sind, beschreibt jeder das Gericht ein bisschen anders.
Geht der Trend weg von traditionellen Kochsendungen hin zu Eventkochen wie etwa auch in Tim Mälzers „Kitchen Impossible“?
Vor allem in den Dritten Programmen gibt es schon noch die klassischeren Kochsendungen. Aber natürlich hat sich wahnsinnig viel getan in den vergangenen 30 Jahren. Wenn ich an die Anfänge von „Kerners Köche“ denke – da ging es wirklich darum, dass man ganze Gerichte zubereitet. Die Soße, die Beilage, das Gemüse, das Fleisch. Jahre später haben wir uns in der Sendung nur noch auf einzelne bedeutsame Dinge konzentriert, zum Beispiel: Wie gelingt es, die Entenbrust perfekt rosa zu braten? Was heute beim Entertainment in den 20.15-Uhr-Formaten stattfindet, nicht nur in Kochshows, ist ein enormer Kampf um Aufmerksamkeit. Du musst es schaffen, alle paar Minuten neue Reize zu setzen, damit der Zuschauer nicht umschaltet – es ist aber natürlich wichtig, dass du gleichzeitig die Seriosität wahrst.
Ist es nicht seltsam, dass Menschen so gerne Kochshows gucken, obwohl daheim immer weniger gekocht wird?
Schauen Sie, ich selbst kann nicht behaupten, dass ich die Welt noch verstehe, gerade wenn es um das politische Geschehen geht. Wir sind alle wahnsinnig informiert, aber es ist schwer, das alles aufzunehmen. Denken Sie an die Klimakrise. Man hat doch den Eindruck, dass man nichts mehr richtig machen kann. Darf ich noch ein Auto mit Verbrennermotor fahren? Darf ich mir ein neues Handy kaufen? Wo werden meine Klamotten produziert? Man braucht Orientierung. Und da kommt der Megatrend Kochen im Fernsehen ins Spiel. Da siehst du als Zuschauer ein Stück Brot, eine Tomate, ein Stück Fleisch, und du siehst genau, ob da was in der Pfanne anbrennt oder nicht. Du musst nicht rätselraten. Das vermittelt, philosophisch gesagt, ein Gefühl der Wahrhaftigkeit.
Welcher Fernsehkoch war Ihr Vorbild?
Ich bin mit Max Inzinger aufgewachsen, der in der ZDF-Sendung „Drehscheibe“ gekocht hat – die durfte ich mit meiner Mutter schauen. Er hat ja diesen Satz geprägt: „Ich habe da schon mal was vorbereitet“. Wer mich aber vor allem inspiriert hat, war Alfred Biolek. Er hat gesagt: „Ich weiß nicht, ob das richtig ist oder nicht, aber mir schmeckt es, ich mach’ das so.“ Das war eine Befreiung für alle, die daheim gekocht haben, und später kam dann ein Jamie Oliver oder eine Sendung wie das „Kochduell“.
Was machen Sie mit den Lebensmitteln sei, die übrig bleiben?
Wir schmeißen nix weg. Alle gekochten Reste, die nach dem Servieren der Löffel übrig bleiben, werden von den Teams aufgegessen. Also von den Kandidaten und Kandidatinnen, aber zum Beispiel auch von den Kameraleuten, die sind ja auch neugierig, wie es schmeckt. Und die nicht verbrauchten, noch verpackten Lebensmittel werden an die Tafel gespendet.
Das Gespräch führte Cornelia Wystrichowski.