Um einen Mafia-Mord aufzuklären, setzen die Wiener Kommissare Moritz Eisner und Bibi Fellner auf die Hilfe einer in den Clan eingeschleusten Informantin. Doch Azra gerät schon bald in ernsthafte Gefahr. Vordergründig handelt der neue „Tatort: Azra“, den das Erste am Pfingstmontag (!) um 20.15 Uhr zeigt, von einer jungen V-Frau, die im Dienste der österreichischen Polizei ihr Leben riskiert. Die Geschichte aber, die hier im Hintergrund stets mitläuft, ist die einer tiefen Verbundenheit; ja, man könnte sie fast eine Love Story nennen: Es geht um die enge Beziehung des Ermittler-Duos.
Danach gefragt, was Eisner eigentlich tun müsste, damit sie ihn nicht mehr in Schutz nimmt, antwortet Fellner trocken: „Sterben.“ Zum In-Schutz-Nehmen erhält Bibi (Adele Neuhauser) in diesem Fall reichlich Gelegenheit, denn ihr Kollege Moritz (Harald Krassnitzer) macht diesmal gleich mehrere schwerwiegende Fehler. Von denen der für Bibi entscheidende ist, dass er sie nicht eingeweiht hat bei einer riskanten Aktion. Außen vor gelassen hat er Fellner, um sie – Überraschung – zu schützen.
Der Fall „Azra“ entwirft eine so spannende wie stilbewusste Geschichte über das organisierte Verbrechen und dessen schrittweise Etablierung als „seriöse“ Geschäftspartner durch korrupte Helfershelfer aus der bürgerlichen Welt. Die absolute Solidarität der Kommissare untereinander wiederum bildet die stimmig erzählte Folie, auf der sich dieses äußere Geschehen abspielt.
Dabei fühlt sich Eisner in besonderer Weise für V-Frau Azra (großartig Mariam Hage) verantwortlich: Der Kommissar hatte das junge, drogenabhängige Mädchen einst von der Straße geholt, es ermuntert, auf die Polizeischule zu gehen. Mittlerweile arbeitet sie offiziell für die georgische Mafia-Familie Datviani – und inoffiziell als Informantin für die Ermittlerin Eva Brunner (Zeynep Buyrac) von der Abteilung für Wirtschaftskriminalität. Als innerhalb des Clans ein Mord geschieht, treten die Kommissare Eisner und Fellner auf den Plan.
Das kluge und stimmungsvolle Buch zu diesem „Tatort“ hat Sarah Wassermair geschrieben. Die dramaturgische Entwicklung überzeugt ebenso wie die Bündelung der diversen Themen zu einer fesselnden und kompakten Story, die einen bestechend kritischen Blick auf den österreichischen Filz wirft.