Nachdem er die Tageszeitungen reingeholt hat, sitzen Andreas Giebel und seine Frau Karin morgens gemeinsam am Frühstückstisch. Gepflegt unaufgeräumt und vor allem extrem gemütlich sieht’s aus beim Kabarettisten daheim in Großhadern. Man würde gerne danebenhocken und eine Tasse Kaffee trinken, während sich das Ehepaar die Schlagzeilen vorliest und über die ersten Ereignisse des Tages amüsiert. Dass das Multitalent ein rundherum sympathischer Mensch ist, mit dem man sich gerne einfach auf ein Bier treffen würde, das hat sich seit seinen ersten Bühnenprogrammen wie „Der beste Mensch der Welt“, „Wenn der Boaznhocka dramd“ oder „Zwecks fester Lösung locker binden“ herauskristallisiert. Denn schon damals, Mitte bis Ende der Achtzigerjahre, waren seine Figuren zwar von einer geistreichen, intelligenten und hellwach den Alltag beobachtenden Schlitzohrigkeit. Aber eben auch immer von einer ganz tief empfundenen und empfindenden Herzenswärme gekennzeichnet. Woher die kommt, das zeichnet die sehr persönlich gehaltene Dokumentation „Lebenslinien: Andreas Giebel“ nach, die Regisseurin Birgit Deiterding jetzt anlässlich seines gestrigen 65. Geburtstages für den BR über den bescheidenen Münchner Star gedreht hat. Heute Abend um 22 Uhr wird sie im BR Fernsehen ausgestrahlt.
„Man kommt auf die Welt und stirbt irgendwann, und dazwischen schaut man einfach, das Beste daraus zu machen“, umreißt Giebel auf typisch unprätentiöse Art sein Lebensmotto. Doch Filmemacherin Birgit Deiterding sieht genauer hin und spürt auch den Herausforderungen nach, die beispielsweise hinter der heute so fröhlich vor der Kamera posierenden Großfamilie Giebel liegen.
Mit Anfang zwanzig wird Giebel erstmals Vater. Die Ehe hält nicht lang. Doch die Tochter bleibt beim Vater, der sich neben ersten Bühnenauftritten in dieser Zeit vorwiegend als Dekorateur, Lagerist oder Bühnenarbeiter durchschlägt. Zweite Ehe, zweite Tochter. Giebel schafft mittlerweile tagsüber als Hausmeister an der Münchner Grundschule am Dom-Pedro-Platz.
Die Kamera verfolgt ihn, als er diese alte Wirkungsstätte besichtigt und in Erinnerungen schwelgt. „Einen Masterplan gab’s nie“, fasst Giebel zusammen. Im Zentrum stand für ihn allerdings immer seine Familie, das sieht man auf alten Fotografien wie in aktuellen Filmausschnitten deutlich. Dreh- und Angelpunkt im Leben des seit „München 7“ auch bei einem breiten, nicht-bayerischen Publikum beliebten Schauspielers und Autors bilden seine dritte Frau Karin und die inzwischen vier erwachsenen Töchter inklusive der ersten Enkelkinder. „Es geht doch nicht um einen selber. Sondern um die Menschen, die einem im Leben begegnen. Und da kriegt man ja immer was zurück“, sagt Andreas Giebel.
Er hat es neben einer beachtlichen Karriere geschafft, sowohl mit seinen zwei Brüdern bis heute einträchtig und versonnen lächelnd die alten Familienalben durchblättern zu können, als auch mit seiner quirligen Patchworkfamilie ein enges Verhältnis zu haben. Alle freuen sich sichtlich, einander zu treffen. Selbst wenn sie beim Auftritt des Mannes und Vaters bitte niemals direkt vor der Bühne sitzen dürfen – sondern immer nur irgendwo am Rand. Im Privaten aber: immer erste Reihe!