Cognac auf Würfelzucker in einer Tasse flambiert, dazu schwarzer Kaffee, Vanillesahne und obendrauf Schokostückchen. „Toll, alles was ich brauche“, sagt Marie mit einer Mischung aus Verzweiflung und Resignation zum Kellner. Die Mittvierzigerin wollte eigentlich mit ihrem Frauenchor nach Tokio und ist in Rüdesheim gestrandet, wo sie jetzt frustriert die Kaffeespezialität schlürft. Reise futsch, Koffer weg, die herrische Mutter im Koma und das Konto gesperrt. „Sayonara Loreley“ heißt die wunderbare ARD-Komödie, die heute um 20.15 Uhr beweist, dass man leichte Unterhaltung ganz wunderbar mit Tiefgang paaren kann.
Seit Monaten freut sich Marie (Katharina Marie Schubert) auf die Reise nach Japan. Einfach mal raus aus dem Kleinstadtmief, dem Gemischtwarenladen, den sie mit ihrer Mutter (Victoria Trauttmansdorff) eher halbherzig betreibt. Doch die macht ihr einen Strich durch die Rechnung: Sie hat ihre Kur vorverlegt, Marie soll Tokyo absagen und den Laden am Laufen halten. Doch in der Tochter regt sich Widerstand.
Sie ist bereits auf dem Weg zum Flughafen, als sie erfährt, dass ihre Mutter ins Koma gefallen ist. Und so strandet Marie in Rüdesheim, um sie am Kurort zu besuchen. Überall Japaner, die sie doch so gern in deren Heimat getroffen hätte. Einer davon, ein smarter Geschäftsmann, zieht sie doch glatt über den Tisch und lässt sie auf einer gigantischen Zeche sitzen. Überhaupt tummeln sich eine Menge zwielichtiger Gestalten im beschaulichen Rüdesheim, die Marie an die Grenzen ihrer Leidensfähigkeit führen.
Regisseur Wolfgang Murnberger, der mit den Autoren Stephan Falk und Anke Sevenich am Drehbuch gearbeitet hat, gelingt ein wahres Kunststück: Mit feinem Humor, großartiger Beobachtungsgabe und einem sicheren Gespür für Absurditäten skizziert er die Geschichte seiner TV-Heldin, die in dieser Tour de Force über sich hinauswächst. Wut, Freude, Frust und Hoffnung sind die Wechselbäder, durch die Katharina Marie Schubert als Marie tapfer marschiert.
Sie ist die Idealbesetzung für diese herzerwärmende Geschichte. „Nur dadurch, dass eine Schikane die nächste jagt, kann Marie ihre Graumäusigkeit hinter sich lassen“, sagt die Schauspielerin, die in ihrer Natürlichkeit überzeugt. Mühelos nimmt sie einen mit auf die emotionale Achterbahnfahrt, sorgt dafür, dass man ihr die Hand drücken oder sich von ihr mitreißen lassen möchte. In einer Gastrolle als Fährmann steuert Armin Rohde den vielleicht schönsten Satz des Films bei: „Das richtige Abenteuer ist sowieso im Kopf. Und wenn es da nicht ist, dann ist es nirgendwo.“