Nach mehr als drei Jahren sind die Corona-Maßnahmen ausgelaufen, die Pandemie wurde vor Kurzem für beendet erklärt. In seiner Reportage „Hirschhausen – Was von Corona übrig bleibt“, die am Montag um 20.15 Uhr im Ersten läuft, blickt der Moderator und Mediziner Eckart von Hirschhausen auf die Krise zurück. Wir sprachen mit dem 55-Jährigen.
Haben Sie keine Angst, dass das Thema den Zuschauern so langsam zum Hals raushängt?
Kennen Sie niemanden mit Long Covid? Leider sind eine halbe Million Menschen betroffen, dazu kommen all die Angehörigen, die Kolleginnen und Kollegen, die Pflegekräfte und, und, und. Wir haben eine neue Volkskrankheit in der Mitte der Gesellschaft.
Die Pandemie wurde offiziell für beendet erklärt. Ist sie das wirklich?
Für viele eben nicht. Junge, gesunde Menschen sind aus ihrem Leben gerissen, haben schwerste körperliche Beschwerden und werden in unserem Gesundheitswesen brutal alleine gelassen. Diesen Menschen und allen, die sich um sie kümmern, möchte ich mit diesem Film eine Stimme geben. Und ich hoffe sehr, dass sie gehört werden und endlich Hilfe bekommen.
Sie haben für den Film zum Beispiel eine Frau besucht, die an Long Covid leidet. Was raten Sie Menschen, denen es ähnlich geht?
Sich nicht überanstrengen! Das Fiese an Long Covid und der schwersten Form, dem chronischen Erschöpfungssyndrom, ist, dass der „gesunde Menschenverstand“ sagt: Wenn du dich schlapp fühlst, reiß dich zusammen, streng dich an, trainiere hart und dann wirst du wieder fit. Das führt bei vielen aber nicht zur Kräftigung, sondern zum Zusammenbruch. Deshalb ist es so wichtig, dass sich mehr Ärztinnen und Ärzte und auch Reha-Einrichtungen damit auskennen. Es gibt Selbsthilfeverbände, die kompetente Anlaufstellen empfehlen, aber die Wartezeiten sind lang.
In einem anderen Fall geht es um schwerwiegende Impf-Nebenwirkungen. Was sagen Sie dazu als entschiedener Verfechter von Corona-Impfungen?
Die Impfung hat viele Menschenleben gerettet, schwere Verläufe verhindert und auch die Chance, nach einer Infektion Long Covid zu entwickeln, ist bei Geimpften nur halb so groß wie bei Ungeimpften. Dennoch benennen wir in dem Film sehr deutlich auch die Schattenseiten und Schwachstellen. So werden die Impfnebenwirkungen nicht vollständig erfasst, und der Datenschutz und technische Hürden verhindern bislang, dass das zuständige Paul-Ehrlich-Institut auch den Erfahrungsschatz der Krankenkassen auswertet. Denn: Bei ungefähr zwei von 10 000 Impfungen gibt es eine Überreaktion des Immunsystems, das sich dann gegen den eigenen Körper richtet. Menschen mit diesem „Post-Vac“ brauchen kompetente medizinische Hilfe. Leider werden viele nicht ernst genommen und als psychisch krank abgestempelt.
Hat Corona Ihre Sicht aufs Leben verändert?
Ja, mir ist wie vielen klar geworden, wie verletzlich wir sind als Menschen auf diesem Planeten.
Das Gespräch führte Martin Weber.