Der Name Til Schweiger fällt nur zwei Mal, und das auch eher nebenbei. Klar ist aber, dass sein Fall die Debatte um Arbeitsbedingungen in der Film- und TV-Branche noch mal in die Öffentlichkeit gezogen hat. Unter der Fragestellung „Wie arbeiten wir fair am Set zusammen?“ fand am Freitag im Bayerischen Rundfunk nun eine Diskussion dazu statt. Wobei Diskussion fast das falsche Wort ist. Einig war man sich: Gute Bedingungen wollen alle. Miese Stimmung, Machtmissbrauch, sexuelle Übergriffe will keiner. Die Krux ist nur: Wie kommen wir dahin?
Unter der Moderation von Maria Furtwängler und Thomas Schreiber, der die Degeto leitet, die Filmtochter der ARD, waren geladen: Brigitte Ehmann, die als Vertrauensperson für Filmproduktionen arbeitet, Nico Hofmann, Chef der Produktionsfirma Ufa, Produzent Lasse Scharpen (Studio Zentral), ARD-Programmdirektorin Christine Strobl und die Regisseurin Julia von Heinz, die gleich zu Beginn feststellte, dass vor allem Frauen in der Opferrolle seien und unter männlich geprägten Strukturen litten. „Viele Frauen am Set – wäre das also die Heilung?“, fragte Furtwängler zurück, was von Heinz mit Blick auf ihre eigene Erfahrung bejahte. So einfach ist es wohl nicht. Aber tatsächlich sind bei 83 Prozent der gemeldeten Fälle Frauen die Leidtragenden, in nur 17 Prozent sind es Männer. Die Zahlen stammen von Maren Lansink, die digital zugeschaltet war. Sie ist Geschäftsführerin von Themis, einer Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und Gewalt in der Kulturbranche und berichtete, dass von den 57 Fällen, die sie von Januar bis April diesen Jahres erreicht hätten, nur zwei in eine Beschwerde beim Arbeitgeber eingegangen seien. 55 Betroffene hätten davon abgesehen. „Das ist das Dilemma, dass viele sich einfach nicht trauen“, pflichtete ihr Ehmann bei. Das sei die Aufgabe von allen in der Branche: Opfer zu motivieren, sich zu äußern.
ARD-Frau Strobl hielt ein Plädoyer dafür, dass Führungskräfte qua Amt schon Vertrauenspersonen sein müssten, an die man sich wenden könne. Lasse Scharpen indes appellierte an die Sender, auch mal eine Zusammenarbeit mit jemandem zu beenden, wenn er oder sie sich nicht angemessen verhalte. „Da muss man einfach ,Stop‘ sagen und eben keine zweite Staffel drehen.“ An dieser Stelle herrschte kurz Schweigen im Raum, weil viele aus der Branche natürlich wissen, dass man Schauspieler, Regisseure, Produzenten, die als mindestens mal schwierig bekannt sind, oft durchaus gewähren lässt – solange sie Quote und Erfolg bringen.
Fazit also: Es braucht noch mehr Sensibilisierung für das Thema, weitere Verhaltenskodexe, natürlich Kontrolle, vielleicht eine Evaluierung nach Dreharbeiten. Vor allem wünscht man sich als Beobachter von außen aber, dass es mehr einflussreiche Leute in der Branche gibt, die entscheiden, was Lasse Scharpen auf den Punkt brachte: „Wir wollen nicht mehr mit Arschlöchern zusammenarbeiten.“