Der beste Kader

von Redaktion

FILMFEST Nicht nur wegen der Besetzung überzeugt die RTL-Serie „Gute Freunde“ über den FCB

VON GÜNTER KLEIN

Und plötzlich hatte Paul Breitner, der ja auch schon 71 ist, unterm Sakko kein T-Shirt mehr an und stand am Montagabend mit halb blanker Brust vor dem Münchner Gloria-Filmpalast. Was war denn da geschehen?

Münchner Filmtage, Welturaufführung der Serie „Gute Freunde – Der Aufstieg des FC Bayern“, die im Herbst beim Streamingdienst RTL plus und später auch linear laufen soll, so RTL-Programmgeschäftsführerin Inga Leschek („Wir machen etwas Großes daraus“) – und Breitner, um den es in den sechs Folgen auch geht, war massiv begeistert, obwohl ihn doch stets die Aura der rebellischen Unzufriedenheit umgibt. Die ersten drei Episoden waren vorgeführt worden, danach befand Breitner sich im Gespräch mit Jan-David Bürger, seinem Anfang-der-Siebzigerjahre-Ich – und eine Minute später hatte Breitners T-Shirt mit einem Paul-Breitner-Motiv den Besitzer gewechselt. So launig ging es zu bei dieser Premiere der Ufa-Produktion, für die die Erfolgserwartungen hoch sind. Mit gutem Recht.

Man tut sich schwer in Deutschland mit fußballnahen Stoffen, so missglückte etwa 2015 „Die Udo-Honig-Story“ über den Steuerfall Uli Hoeneß mit Uwe Ochsenknecht als Bayern-Patriarch komplett. Aber, das ist die Überraschung: „Gute Freunde“ ist eine fantastische Spielfilmserie in sechs mal 45 Minuten geworden. Nahe an der tatsächlichen Geschichte. Doch in ihr müllert und dietlt es. Den Begriff „Müllern“ kennen die Fußballfans, weil Gerd Müller (um den es in der ersten Folge geht) für die Fließbandproduktion von Toren zuständig war und Maßstäbe setzte. Gespielt wird der Gerd, der mit 17 staunend aus der schwäbischen Provinz in die leuchtende Stadt München kommt, von Markus Krojer, der mal der Kinderstar in „Wer früher stirbt, ist länger tot“ war. Und Krojer nimmt die Herzen der Zuschauenden ein, wie es der kleine dicke Müller auf dem Platz und im Leben tat.

Regisseur ist David Dietl, der Sohn von Helmut Dietl, der nun erstmals eine Münchner Geschichte gedreht hat und den Nachweis erbringt, dass da was weitergegeben worden ist von Generation zu Generation an Gespür für Humor und spezielle bayerische Abgründigkeiten. Das zeigt sich an der Ausgestaltung der Figuren Robert Schwan (Maximilian Brückner) und Wilhelm Neudecker (Michael Grimm), Manager und Präsident des FC Bayern – beide überzeichnet bis nahe an die Karikatur heran. Aber vielleicht war es wirklich so, dass die Vereinsoberen dem Trainer mal die Aufstellung diktierten, nach Derby-Niederlagen gegen 1860 die Mannschaft als „Saubande“ beschimpften oder sich Dialoge zutrugen wie: „Wilhelm, mit wie vielen Nullen schreibst du ,hauptamtlich’?“

Nicht weniger als 500 Bewerbungen für die Hauptrollen habe er bekommen, sagt Dietl – und man kann sagen, dass er gute Wahlen getroffen hat. Moritz Lehmann spielt einen jungen Franz Beckenbauer zwischen Giesinger Herzenswärme und sich entwickelndem Geschäftssinn (die Aufnahme von „Gute Freunde“ im Plattenstudio ist natürlich ein Schenkelklopfer der Serie), vielschichtig geworden ist Paul Wellenhofs Sepp Maier mit viel Unsicherheit hinter der Fassade des Gaudiburschen. Sascha Alexander Gersak gibt famos den kugelbäuchigen Trainerschleifer mit großem Herzen, Tschik Cajkovski.

Mit Martin Brambach ist noch ein aktueller Star des deutschen Fernsehens dabei. Für die Darstellung des aus Dresden stammenden Bundestrainers Helmut Schön kann er den angelernten Dialekt seines Dresdener Tatort-Ermittlers übernehmen – praktisch. „Gute Freunde“ trifft auf einen Bedarf an Fußball-Nostalgie, es ist die Gegenprogrammierung zum modernen Fußball, obwohl der aus dem Spiel der fünf guten Freunde Beckenbauer, Maier, Müller, Breitner und Uli Hoeneß entstanden ist. „Gute Freunde“ ist so charmant, es wird auch den Blauen gefallen.

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