Er ist der vielleicht umstrittenste Kabarettist mit eigener Sendung im deutschen Fernsehen – Dieter Nuhr. Vor allem mit seinen Späßen auf Kosten von Grünen und Klimaschützern eckt der 62-Jährige regelmäßig an und erzeugt schon mal den einen oder anderen Shitstorm. Auch in der mit 90 Minuten extralangen Sendung „Nuhr im Ersten XXL“ (ARD, 22.50 Uhr) mit vielen Gästen geht es satirisch zur Sache.
Diese Ausgabe ist doppelt so lang wie sonst. Warum?
Weil wir diesmal die Sendezeit dazu haben und auch einen inneren Druck verspüren, alles rauszulassen. (Lacht.) Wir haben das mit der XXL-Ausgabe vergangenes Jahr auch so gemacht, und das hat sich bewährt.
Sie sprechen von innerem Druck – das bedeutet Sie haben ausreichend Material für die Sendung.
Mangel an Material ist in der Tat überhaupt kein Problem. Unser Hauptproblem ist vielmehr, dass wir ständig von der Politik mit immer neuen Absurditäten überholt werden, sodass man manchmal gar nicht mehr so genau weiß, über was man jetzt Witze machen soll. Wir haben im Moment in der Regierung jede Menge Leute, die sich größte Mühe geben, uns mit Stoff zu versorgen, allen voran Wirtschaftsminister Robert Habeck. Vielleicht werden wir ja eines Tages einfach mit der heißen Luft heizen, die er permanent erzeugt.
Sie gelten als umstritten. Ehrt Sie das?
Umstritten zu sein ist für einen Kabarettisten erst mal ein Lob. In letzter Zeit hat das Wort aber einen anderen Sinn in unserer Gesellschaft bekommen. Als umstritten wird jemand bezeichnet, den man gerne aus dem Diskurs raushätte.
Fühlen Sie sich zu Unrecht in die rechte Ecke gestellt?
Klar, wer mich in die rechte Ecke stellt, tut das zu Unrecht. Ich wüsste auch wirklich nicht, was ich je gesagt oder getan haben sollte, das mich in die rechte Ecke rückt. Dieser politische Hammer wird ja nicht nur gegen mich benutzt, sondern auch gegen andere, die nicht auf der gewünschten Linie sind. Das macht mir insofern Sorgen, als es ja wirklich Probleme mit Rechten und Rassismus gibt. Benutzt man aber Begriffe wie „rechtsextrem“ oder „rassistisch“ inflationär, fallen die Leute, die das wirklich sind, gar nicht mehr so auf. Das ist eine beunruhigende Entwicklung.
In einer Talkshow haben Sie vor kurzem gesagt, Sie wollten „kein Mann der klaren Worte“ sein. Wie war das gemeint?
Damit meine ich, dass es zu viele Menschen mit unverrückbaren Meinungen gibt, und zu denen möchte ich nicht gehören. Ich glaube viele, vielleicht die meisten Fragen im Leben lassen sich nicht mit einem klaren Ja oder Nein beantworten. Diese Klare-Kante-Mentalität, die heutzutage weitverbreitet ist, wird den Problemen doch gar nicht gerecht. Oft läuft es heutzutage doch so: Man ist entweder rechts oder links, Menschenfreund oder Rassist, man ist Klimaleugner oder baut sich sofort eine Wärmepumpe ein. Dieses extreme Entweder-Oder halte ich aber nicht nur für zutiefst unmenschlich, sondern auch für dumm.
Sie beklagen häufig die Cancel Culture in unserer Gesellschaft. Aber gerade Ihre Sendung könnte doch ein Beleg dafür sein, dass es die nicht gibt, oder?
Ich wurde nie gecancelt, weil die Cancel Culture in meinem Fall gescheitert ist. Versuche gab es genug. Das Scheitern bedeutet aber nicht, dass es Cancel Culture nicht gibt. An vielen Hochschulen zum Beispiel ist sie Alltag, Auftritts- und Diskussionsverbote sind gang und gäbe. Es gab auch schon zahlreiche Versuche, meine Sendung aus dem Programm zu schmeißen, aber das hat nicht geklappt. Zum einen, weil ich ein großes Publikum hinter mir habe, und zum anderen, weil es bei meinem Sender RBB und auch in der gesamten ARD viele Leute gibt, die mich unterstützen.
Das Gespräch führte Martin Weber