Fußball – eine Liebe fürs Leben

von Redaktion

INTERVIEW ZDF-Legende Béla Réthy feiert 60. Geburtstag der Bundesliga mit TV-Doku

Er zählt zu den bekanntesten Fußballexperten im deutschen Fernsehen: Von 1996 bis 2018 kommentierte Béla Réthy alle Endspiele der Welt- und Europameisterschaften, die im ZDF übertragen wurden. Auch bei der Fußball-WM im vergangenen Jahr saß der erfahrene Sportjournalist am Mikrofon, beendete danach aber seine Karriere. Jetzt kehrt der 66-Jährige ins Fernsehen zurück: In der neuen Dokumentation „Titel, Tore, tausend Träume – 60 Jahre Bundesliga mit Béla Réthy“, die das ZDF an diesem Samstag um 23 Uhr und in der Mediathek zeigt, schildert er die Geschichte der Liga vom ersten Spieltag am 24. August 1963 bis heute. Für den Beitrag kramte Réthy im ZDF-Archiv und interviewte berühmte Spieler und Trainer wie Thomas Müller, Günter Netzer, Felix Magath und Jürgen Klopp.

Haben Sie als Kind auch davon geträumt, irgendwann einmal Bundesligaspieler zu werden?

Als die Bundesliga gegründet wurde, war ich sechs Jahre alt und habe in Brasilien gelebt. Dort wollte damals jedes Kind Pelé werden, und das galt auch für mich. 1967 bin ich dann nach Deutschland gekommen und habe mein erstes Bundesligaspiel in München im Stadion an der Grünwalder Straße gesehen, Bayern gegen Köln. Das hat mich schwer beeindruckt, aber ich war damals schon realistisch genug, um mein eigenes Fußball-Talent richtig einschätzen zu können.

Stattdessen sind Sie Fußball-Kommentator geworden. Was glauben Sie: Wann war die beste Zeit der Liga?

Finanziell bestimmt jetzt (lacht). Aber was die Emotionen betrifft, gab es früher bessere Phasen. Ich habe 1983/84 als Bundesliga-Reporter für das „Aktuelle Sportstudio“ angefangen und das war eine super Zeit. Man hatte als Journalist noch einen ganz unmittelbaren Zugang zu den Spielern und konnte spontane Interviews neben dem Tor oder am Spielfeldrand machen – das ist heute undenkbar. Für uns Journalisten war das klasse, aber auch für die Spieler war es eine bessere Zeit. Es gab noch keine sozialen Medien, die Kicker konnten abends auch mal ausgehen, ohne dass sofort alle Handys gezückt werden.

Damals habe es auch noch echte Typen auf dem Platz gegeben, heißt es immer. War das so?

Durchaus, in den Siebziger- und Achtzigerjahren gab es noch Spieler wie Günter Netzer, die noch nicht so angepasst waren. Netzer konnten wir übrigens für die Dokumentation über 60 Jahre Bundesliga ausführlich interviewen, das hat mich ganz besonders gefreut. Auf meine Frage, ob er heute noch Sport treibe, hat er mir geantwortet: „Béla, ich habe in meinem ganzen Leben noch keinen Sport getrieben“, er war ja während seiner aktiven Zeit nicht gerade als lauffreudig bekannt. (Lacht.) Jeder der Protagonisten, die wir befragt haben, hätte einen eigenen Beitrag verdient. Wir haben uns echt schwergetan, Sachen wegzulassen.

Was sagen Sie zu den astronomischen Summen, die mittlerweile im Profifußball gezahlt werden?

Damit müssen wir leben, denn sobald wir eine Deckelung einführen, wird schwarz gezahlt wie in den Sechzigern. Wenn ein Spieler so viel Geld angeboten bekommt, dann nimmt er es natürlich, das sehe ich ganz pragmatisch. Das funktioniert nach den Gesetzen der Marktwirtschaft, also nach Angebot und Nachfrage. Da können wir die Zeit nicht zurückdrehen.

Sie haben bei der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr Ihr letztes Spiel kommentiert. Vermissen Sie den Fußball-Zirkus?

Noch nicht, weil ich mit der Bundesliga-Dokumentation so viel zu tun hatte, außerdem bin ich an einem Film über die WM 2022 beteiligt. Als ich vor Kurzem meinen Sohn in München besucht habe und auf der Autobahn an der Allianz Arena vorbeigefahren bin, wurde ich allerdings doch ein bisschen sentimental und habe mir gedacht: Mensch, da warst du so oft und jetzt fährst du einfach so vorbei. Da habe ich gemerkt, dass ich nicht mehr dazugehöre.

Das Gespräch führte Martin Weber.

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