„Ich bin eine Romantikerin“

von Redaktion

INTERVIEW Schauspielerin Uschi Glas über ihre Rolle in der Jubiläumsfolge von „Inga Lindström“

Vom Schätzchen der Nation zur engagierten Powerfrau: Uschi Glas kann auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken, die in den Sechzigerjahren mit Filmen wie „Zur Sache, Schätzchen“ oder „Winnetou und das Halbblut Apanatschi“ begann. Im ZDF-Melodram „Inga Lindström: Einfach nur Liebe“ spielt sie an diesem Sonntag um 20.15 Uhr eine an Demenz erkrankte Seniorin – es ist die 100. Folge der 2004 im ZDF gestarteten Lindström-Reihe, die eine treue Fangemeinde hat. Uschi Glas, die 2009 den Verein „Brotzeit“ gründete, der Schulkinder kostenlos mit Frühstück versorgt, adelt dieses besondere Herzkino-Jubiläum mit ihrem Spiel.

Wofür entscheiden Sie sich sonntagabends: Für den „Tatort“ oder den Liebesfilm im Zweiten?

Ich war früher ein großer „Tatort“-Fan, aber ich muss zugeben, dass meinem Mann und mir das inzwischen öfter mal zu viel ist. Dann schalten wir lieber etwas Gemütliches wie „Inga Lindström“ ein – das ist entspannend und es macht Spaß zuzuschauen. Da werden Geschichten erzählt, die auf Gewalt verzichten, die man gerne an sich herankommen lässt, und in denen man schöne Landschaften sieht.

Ihre Gastrolle ist ziemlich dramatisch: Sie spielen eine Frau, die an Demenz erkrankt ist. Ein ernster Stoff…

Das Drehbuch hat mir imponiert, und die Rolle stellte eine spannende Frage an mich. Eine Frau erkrankt an Demenz und will ihren Mann nicht damit belasten, dass sie pflegebedürftig wird, aber er will sich auf jeden Fall um sie kümmern. Wie würde man selber handeln? Ich habe mich mit der Frage ehrlich gesagt noch nicht intensiv beschäftigt, denn ich will nicht angstbesetzt leben. Die Zeit, die man hat, ist wertvoll, und je älter man wird, desto wertvoller wird sie. Gott sei Dank bin ich gesund, darf arbeiten, noch viele Dinge machen – das ist ein großes Glück und ein Geschenk an sich.

Im Film sagen Sie den Satz: „Ich bin eine alte Frau, da erwartet man nichts mehr vom Leben“…

Diesen Satz würde ich garantiert nicht unterschreiben. Ich erwarte und erhoffe mir noch viel. Wenn man meinen Opa früher gefragt hat, wie es ihm geht, hat er immer gesagt: „Ich wart aufs End.“ Das fand ich schon als Kind furchtbar. Inzwischen sind die Menschen natürlich fitter, und wir werden alle älter als noch vor 50 Jahren. Ich ernähre mich gesund, ich bewege mich viel, ich will arbeiten und meinen Verein „Brotzeit“ voranbringen. Das ist einfach das, was ich mir unter Leben vorstelle.

Wie gehen Sie persönlich mit dem Druck um als Schauspielerin älter zu werden?

Diesem Druck nachzugeben, dass man als Frau nur etwas gilt, wenn man jung ausschaut, das finde ich eine absolute Zumutung. Ich werde manchmal gefragt, ob ich neidisch bin, wenn junge Kolleginnen eine Hauptrolle bekommen, aber da kann ich ja gar nicht neidisch sein, weil ich ja keine 20-, 30- oder auch 50-Jährige mehr spielen kann.

Die Zeiten ändern sich. In „Zur Sache, Schätzchen“ haben Sie 1968 schon mit einem Beinahe-Striptease für Wirbel gesorgt, heute ist im neuen „Inga Lindström“ eine lesbische Liebesszene total normal. Begrüßen Sie diese Liberalisierung?

Offen gesagt hat es mich bei Inga Lindström schon gewundert, dass sie so mutig vorangehen. Aber im Endeffekt: Warum nicht? Ich habe in meinem Leben so viele liebenswerte homosexuelle Menschen kennengelernt, da mische ich mich nicht ein – das hat mit Toleranz zu tun. Jeder soll sein Leben so leben, wie er will, das ist für mich total in Ordnung.

Einer Ihrer ersten Filme war „Winnetou und das Halbblut Apanatschi“. Es ist eine Debatte über kulturelle Aneignung entbrannt. Wie bewerten Sie das?

Ich habe diese Debatte verfolgt und es hat mich sehr empört, ich finde die Vorwürfe lächerlich.

Warum?

Ich finde, dass sie gar nicht stimmen. Ich rede jetzt nicht von amerikanischen Western, wo es sicherlich manchmal rassistische Elemente gegeben hat, sondern nur von den Karl-May-Filmen. Da sind Winnetou und Old Shatterhand doch Blutsbrüder, die wollten ja, dass die Ethnien sich verstehen, miteinander und nicht gegeneinander leben – und auf beiden Seiten gab es Gute wie auch Böse. Deshalb habe ich die ganze Aufregung nicht verstanden.

Das Gespräch führte Cornelia Wystrichowski.

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