Schüsse und Gewissensbisse

von Redaktion

Die ARD zeigt einen neuen „Zürich-Krimi“ mit Christian Kohlund als unkonventionellem Anwalt

VON CHRISTIANE OELRICH

Eine junge Frau ist vor Jahren erstochen worden. Die Hauptverdächtige, die auf die Jüngere eifersüchtig war, ist allerdings im Prozess freigesprochen worden. Nun haben neue Techniken ihre Schuld im Nachhinein bewiesen. Doch zwei Mal für dasselbe Verbrechen kann niemand belangt werden. Der Vater des Mordopfers ist verzweifelt. Als auf die Mörderin seiner Tochter und ihren Mann geschossen wird, landet er unter Mordverdacht im Gefängnis. Der unkonventionelle Anwalt Thomas Borchert (Christian Kohlund) und seine Chefin Dominique Kuster (Ina Paule Klink) glauben an seine Unschuld. Im neuen „Zürich-Krimi: Borchert und der Mord ohne Sühne“, der heute um 20.15 Uhr im Ersten läuft, schaffen sie es, in der Familie der Mörderin ein Geflecht aus Enttäuschung, Eifersucht und Eitelkeit zu entknoten. Die Schüsse bekommen einen anderen Kontext.

Es gelingt den beiden, dem Vater Jahre nach dem Mord an seiner Tochter ein Fünkchen Glauben an die Gerechtigkeit zurückzugeben. „Borchert hat ja eine Besessenheit, der Gerechtigkeit Genüge zu tun“, sagt Kohlund. Dafür besticht er auch mal eiskalt einen Hotelangestellten oder verschafft sich einen Arztkittel, um sich an einer Polizeiwache vorbeizumogeln und einem Angeschossenen vor seinem Krankenhauszimmer auf die Pelle zu rücken. Borchert in elegantem Anzug, langem Mantel und dem ewig präsenten Hut. Die Krempe scheint von Episode zu Episode breiter zu werden.

Ein bisschen wirkt Borchert in dem Aufzug wie aus der Zeit gefallen. Sein Riecher, wo etwas nicht stimmt, ist aber voll intakt. Er deckt stets die abwegigsten Zusammenhänge auf. Kohlund und Borchert sind sich ziemlich ähnlich. Der Schweizer Schauspieler stand schon oft mit dem Ein-Mann-Stück „Im Zweifel für den Angeklagten“ auf der Bühne. Darin spielt er den Anwalt Clarence Darrow, der sein Leben lang für die Gerechtigkeit kämpft. „Ein Lebenstraum“ sei es gewesen, das Stück zu spielen, sagt Kohlund, weil er damit auch etwas über seine eigene Einstellung zum Thema Gerechtigkeit erzählen könne. Borchert liegt auf ähnlicher Linie.

Und dann der Hut. „Mich werden Sie auch privat kaum antreffen ohne irgendeinen Hut, zum Leidwesen meiner Frau“, sagte Kohlund. Und Borcherts Dreitagebart ist auch typisch Kohlund. „Man versucht ja immer, in sich hineinzuhorchen, ob ein kleiner Teil der Figur nicht schon in einem hockt“, sagt er. Wenn man authentisch sein will, muss man die Figur auch in sich selber finden. Idealerweise ergänzen sich Borchert und Kohlund.“

Nebenbei plagen Borchert in der neuen Folge noch Gewissensbisse. Er hatte seine Chefin in einem früheren Fall mal angestiftet, im Computer ihres Freundes, des Polizeihauptmanns Marco Furrer (Pierre Kiwitt), zu spionieren. Sie flog auf, Furrer war fuchsteufelswild, und seitdem herrscht Eiszeit zwischen den beiden. Jetzt nimmt Borchert Furrer einmal zur Seite. „Seien sie doch böse auf mich“, sagt er ihm. „Sagen Sie ,Fuck you Borchert‘, aber verzeihen Sie Dominique.“ Es folgt eine emotionale Aussprache zwischen der Kanzleichefin und dem Ermittler. Aber Furrer kann seine Enttäuschung noch nicht überwinden. Dann taucht der Hauptmann nach gelöstem Fall plötzlich bei Borcherts Wohnwagen zur Bowle auf. Gespannt warten alle, was er nun tut.

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