Politisches Kabarett, Musikkabarett, literarisches Kabarett – ganz schön vielseitig kann dieses Genre sein, und jetzt kommt auch noch so etwas wie „Internetkabarett“ dazu. Am Montagabend im Münchner Lustspielhaus war wieder Preiswürdiges aller Art auszuzeichnen, einzig Moderator Hannes Ringlstetter ging, wenn man so will, trotz seiner sensationell unangestrengt-unterhaltsamen Moderation am Ende leer aus.
Der 53-Jährige war prädestiniert dafür, sein Publikum gleich ins für Fremde und Frauen unheimliche Niederbayern zu entführen, die Heimat von „Senkrechtstarterin“ Teresa Reichl (27), der auch Laudator Christian Springer vorhielt, gar nicht zu wissen, worauf sie sich einlasse, wenn sie die Gleichberechtigung der Geschlechter fordere. Und überhaupt – „was ,normal‘ ist, entscheiden immer die Kleingeistigen“, so Springer mit ordentlich Furor. Sie greife, wenn es ernst werde, gerne zur Lüge, beruhigte Reichl und fabulierte, wenn alle im Saal mitflunkerten, glaubten spätere Generationen, dass sie auf der Bühne, damals, bei der Preisverleihung im Jahr 2023, tatsächlich nicht nur einen Spagat, sondern auch einen Salto rückwärts vollführt habe.
Echte Salti schlug Hauptpreisträger Till Reiners zwar (auch) nicht, Wucht und Witz hatte sein Solo trotzdem, gesprochen in zwei Mikros, „eins für Kabarett und eins für Comedy“. Und tatsächlich ist seine Kunst nicht leicht zu verorten. „Die stärkste Waffe ist nicht das Wort, sondern die Atombombe. Deswegen gibt es in Nordkorea auch keinen Kabarettwettbewerb“, feixte der 38-jährige, der blitzschnell das Selbstverständnis der Weltverbesserer und ihrer Fans ad absurdum führte. Die „Wahrheit“ sei so etwas wie die Verwandtschaft. Man liebe sie, wolle sie aber nicht täglich sehen müssen. „Wie macht er das?“, hatte zuvor Laudator Moritz Neumeier kopfschüttelnd den Vielbeschäftigten gefragt, jedoch gleich versichert: „Es macht Spaß, dir beim Ausbrennen zuzuschauen.“
Was Reiners mündlich macht, macht Sebastian Hotz schriftlich, und zwar stets so knapp wie möglich. Bei X, dem früheren Twitter, schreibt „El Hotzo“ seine satirischen Aphorismen für ein Millionenpublikum, dafür gab’s den heuer neu eingeführten Creator-Preis. Hotz sei dabei kein „Internet-Arschloch“, sondern „voll lieb“ und „bodenständig“, charakterisierte ZDF-Moderatorin Salwa Houmsi in ihrer Rede den gebürtigen Forchheimer. „Ich gehöre nicht auf die Bühne, sondern hinter den Bildschirm“, entschuldigte sich, ganz in Weiß, der 27-jährige Preisträger, zeigte aber sofort, dass er Sinn für Pointen auch im gleißenden Rampenlicht hat. Seine Auszeichnung klinge nach Teilnehmerurkunde, witzelte Hotz, der laut darüber nachdachte, ob der Wechsel aus dem Internet ins klassische Kabarett wohl ein Aufstieg sei.
Voll des Lobes auch Kollege und Tourpartner Michael Krebs über Musikpreisträgerin Anna Piechotta. „Du weißt gar nicht, wie gut du bist“, schwärmte der. Das zeige sich daran, dass sich die 42-Jährige in ihrer Kunst oft „ratlos“ und „suchend“ zeige, ihre „inneren Kämpfe“ öffentlich mache. „Ich war kurz vorm Heulen“, bekannte Piechotta daraufhin vielsagend und rief dazu auf, mit ihr für eine bessere Welt zu beten. „Halleluja!“ scholl es alsbald vielstimmig durchs Theater, zur per Lied an Gott formulierten Bitte, endlich einzugreifen, denn: „Wir schaffen das hier nicht mehr allein!“
Auch ohne die Anwesenheit des Geehrten spielend gelang abschließend das Geburtstagsständchen für Ottfried Fischer. Beeindruckend, wie viele Künstlerinnen und Künstler sich der fördernden Freundschaft Fischers erinnern. Witz und Wucht – auch hier waren und sind sie zu finden.