Alfred Hettmer, rechte Hand von Rudi Cerne in „Aktenzeichen“, geht in Pension

von Redaktion

Alfred Hettmer ist zweifellos einer der bekanntesten Polizisten Deutschlands. Als Gesprächspartner von Rudi Cerne in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY … ungelöst“ erklärt der gebürtige Ingolstädter jeden Monat einem Millionenpublikum, ob die Polizei schon wichtige Hinweise zu ihren präsentierten Fällen bekommen hat. An diesem Mittwoch wird sich Hettmer von den Zuschauern verabschieden. „Jetzt sollen Jüngere ran“, findet der 68-Jährige, der bis 2017 als Erster Kriminalhauptkommissar beim LKA Bayern beschäftigt war. Was ihm von seiner Zeit bei „Aktenzeichen“ in Erinnerung bleiben wird und warum er die Sendung für so wichtig für die Polizeiarbeit hält, erzählt er hier.

Herr Hettmer, erinnern Sie sich noch an Ihren Start bei „Aktenzeichen“?

Ja, sogar sehr gut. Seit 1967 gibt es die Sendung, seit 1969 wird sie in München produziert und live ausgestrahlt. Eduard Zimmermann, der Erfinder und Moderator der Sendung, wurde deshalb beim damaligen Präsidenten des Bayerischen Landeskriminalamtes vorstellig und bat um Unterstützung. Beamte des LKA sollten die Telefone im Aufnahmestudio besetzen und die eingehenden Hinweise entgegennehmen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Als LKA-Beamter durfte ich 1986 erstmals das Hinweisteam unterstützen.

Irgendwann wechselten Sie aber vor die Kamera. Wie kam es dazu?

Soweit ich mich erinnere, war das im Jahr 2003, nachdem der ORF und das Schweizer Fernsehen ausgestiegen waren. Bis dahin war „Aktenzeichen“ eine Eurovisionssendung, dann gab es nur noch das Aufnahmestudio in München. Rudi Cerne, der zwischenzeitlich Moderator war, brauchte also einen Gesprächspartner für die sogenannte Schlussabfrage. Die „XY“-Redaktion hatte die Idee, dass dieser Part von einem Kriminalbeamten aus dem Hinweisteam übernommen werden könnte. Weil sich von meinen Kollegen im Studio niemand um den Job gerissen hat und ich die Verantwortung für das Hinweisteam hatte, übernahm ich die Aufgabe.

Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Auftritt?

Ja. Ich war furchtbar nervös und meine Stimme war noch ganz leise. Aber mit der Zeit wurde es besser.

Warum ist die Sendung aus Ihrer Sicht so wichtig für die Arbeit der Polizei?

Weil sie erstens die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei unglaublich unterstützt, da werden auf einen Schlag fünf bis sechs Millionen Menschen erreicht. Und zweitens baut sie einen gewissen Druck auf. Wir haben es schon oft erlebt, dass sich ein Tatverdächtiger, wenn er mitbekommen hat, dass sein Fall im im Fernsehen gezeigt werden soll, schon vor der Sendung gestellt hat. Andere, deren Fahndungsfoto gezeigt wurde, gaben nach der Ausstrahlung auf.

Wie ist die Qualität der Hinweise, die auf den Studiotelefonen landen?

Da haben wir tatsächlich eine breite Palette. Es gab mal einen Mann, der hat jede Sendung angerufen, weil er wissen wollte, wann die nächste Sendung kommt. Ein anderer Anrufer wollte wissen, wann in München das Oktoberfest ist. Aber der allergrößte Teil, sicher über 90 Prozent der Anrufe, bezieht sich auf die gezeigten Fälle.

Gerade bei den sogenannten Altfällen, also mehrere Jahrzehnte zurückliegenden Straftaten, dürfte es doch aber schwierig sein, noch Zeugen zu finden?

Wir sind überzeugt: Wenn einer etwas wirklich Schlimmes erlebt oder mitbekommen hat, dann vergisst er das nicht. Und diese Menschen dazu zu bewegen, ihre Erlebnisse der Polizei doch noch zu erzählen – darum geht’s.

Gelingt das?

Ja! Wir hatten zum Beispiel 2011 über den Fall Lolita Brieger berichtet. Das Mädchen war seit 1982 spurlos verschwunden. Die Polizei ging von einem Tötungsdelikt aus, es gab aber keine Leiche. Der Ermittler appellierte in der Sendung an das Gewissen möglicher Mitwisser, sich zu melden. Kurz darauf klingelte im Studio das Telefon, ich selbst habe den Anruf entgegengenommen. Und der Fall konnte am Ende doch noch aufgeklärt werden.

Welche anderen Fälle bleiben Ihnen in Erinnerung?

Viele! Da ist zum Beispiel der Mord an Ursula Herrmann, der Fall war Eduard Zimmermann immer sehr wichtig. Oder der immer noch ungeklärte Fall der Bankiersfrau Maria Bögerl, den wir schon drei, vier Mal in der Sendung hatten. Oder Madeleine McCann, das in Portugal verschwundene Mädchen aus England.

Haben Sie aufgrund Ihrer Bekanntheit denn auch negative Dinge erlebt? Wurden Sie angefeindet, bedroht, belästigt?

Nein, im Gegenteil! Wenn mich Menschen ansprechen, ist das immer freundlich.

Das Gespräch führte Stefanie Zipfer.

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