Böse Bescherung

von Redaktion

INTERVIEW Schauspieler Oliver Wnuk über die neue Impro-Serie „Das Fest der Liebe“

Mit einem Eimer Kartoffelsalat und Bockwürsten im Glas machen sich die Meurers aus Mecklenburg auf den Weg zur angeheirateten Familie nach Schwaben. Ausgerechnet an Weihnachten soll zusammenwachsen, was noch lange nicht zusammengehört. Schließlich feiern wir „Das Fest der Liebe“. Mit der gleichnamigen Impro-Serie liefert Regisseur Jan Georg Schütte die Fortsetzung zu „Das Begräbnis“. Es gibt also ein Wiedersehen mit Mario (Charly Hübner), Thorsten (Devid Striesow), Tochter Jäcki (Luise von Finckh) und Sabine (Claudia Michelsen), die in ein schwäbisches Sanitär-Imperium eingeheiratet hat. Das liegt in den Händen ihres Ehemanns Alexander. Oliver Wnuk spielt den überforderten Unternehmer, der zwischen Ost und West, Mutter und Schwester, Geldgier und schlechtem Gewissen aufgerieben wird. Den vierteiligen Wahnsinn gibt es ab sofort in der ARD-Mediathek und am 23. Dezember um 17.15 Uhr im Ersten. Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt Wnuk (47), warum es weitaus anstrengender, aber auch spannender ist, ohne fixes Drehbuch zu spielen.

Hat man mehr Lampenfieber, wenn man improvisieren muss, statt sich auf einen vorgefertigten Text verlassen zu können?

Die Aufregung ist ungleich größer, aber das macht es ja so attraktiv. Mich reizen Projekte, bei denen das Scheitern präsent ist und man mit dem Thrill spielt, dass alles ganz fürchterlich schiefgehen könnte.

Wie muss man sich die Dreharbeiten für „Das Fest der Liebe“ vorstellen?

Der Aufnahmeleiter sagt morgens „Und bitte…“ und sieben Stunden später: „Und danke“ – dazwischen erarbeitest du etwas, wofür du normalerweise 20 Drehtage brauchst.

Klingt nach dem perfekten Sparmodell…

Das täuscht. Dahinter steckt ein immenser technischer Aufwand mit wirklich hohen Kosten. Finanziell gleicht sich das aus. Was an Schauspieler-Tagen und Tagessätzen fürs Team wegfällt, fließt in 45 bis 50 Kameras samt Personal. Und man hat natürlich danach eine enorm lange Zeit am Schneidetisch. Das ganze Material muss gesichtet und zu einer Geschichte verdichtet werden.

Immerhin kann man aufs Textlernen verzichten.

Trotzdem ist die Vorbereitung auf so eine Rolle fast intensiver als bei einen normalen 90-Minüter. Du musst den Hintergrund deiner Figur extrem gut kennen. Für „Das Fest der Liebe“ musste ich wissen, was ist das für eine Familie. Wie stehe ich zu meiner Mutter? Welche Funktion hat eine Muffe? Und wie ticke ich als Unternehmer? Ich muss ja über mein Fachgebiet Bescheid wissen, wenn ich der Chef von 453 Mitarbeitern einer Sanitärfirma bin. Seit 14 Jahren ermittle ich nun im ZDF als Kommissar der Kripo Sylt bei „Nord Nord Mord“, weiß aber weniger über den Beruf des Ermittlers als mittlerweile über Gas-Wasser-Scheiße.

Was, denken Sie, ist die wichtigste Voraussetzung fürs Improvisieren?

Diese Spielart der Schauspielkunst hat viel mit Mut zu tun. Dem Mut, sich einzubringen, sich auf Situationen einzulassen und nicht daran zu denken, dass es jetzt peinlich werden könnte.

Welche Szenen haben Ihnen am meisten Spaß gemacht?

Ich habe es geliebt, mit Nicole Heesters, meiner Filmmutter, zu spielen, die Erstaunliches aufs Parkett bringt. Unglaublich, wie sie Andrea Sawatzki und mich als ihre erwachsenen Kinder an Heiligabend zur Sau macht und damit auch heftige Gefühle bei uns weckt. Wenn du so eine Szene in Stunde vier der Dreharbeiten mit der entsprechenden Menge Adrenalin im Blut durchlebst, dann hat das noch mal eine ganz andere Wirkung. Nur so konnte es dazu kommen, dass ich irgendwann sage: Fickt euch doch alle! Da kam ein Stück Olli mit seiner ganzen Überforderung durch. Hätte das in einem normalen Drehbuch gestanden, hätte ich vermutlich darum gebeten, es rauszustreichen, weil ich solche Fäkalausdrücke doof finde.

Das Gespräch führte A. Kistner.

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