Die alten Männer und das Meer

von Redaktion

TV-TIPP Ulrich Matthes und Justus von Dohnányi glänzen im Fernsehspiel „2 Freunde“

VON ASTRID KISTNER

Entschleunigung ist angesagt. Dass es Schildkröte Bruno schafft, zwei älteren Herren auszubüxen, die grübelnd auf die Ostsee blicken, ist Sinnbild für das feine Fernsehspiel „2 Freunde“, das die ARD heute um 20.15 Uhr zeigt. Die Entdeckung der Langsamkeit hat in einer Welt, in der alles schneller, härter und dramatischer geschnitten wird, eine geradezu therapeutische Wirkung. Wer sich darauf einlässt, erlebt die beiden Schauspielgiganten Ulrich Matthes (64) und Justus von Dohnányi (63) in einem berührenden Kammerspiel.

Die Idee eines Zwei-Personen-Stücks, die bereits im „Freunde“-Film 2021 umgesetzt wurde, funktioniert auch prima in der Fortsetzung. Wieder im Mittelpunkt Patrick (Dohnányi) und Malte (Matthes), beide um die 60, die eine gemeinsame Kindheit verbracht haben und einander treu geblieben sind. Na ja, fast. Seit ihrem letzten Wiedersehen sind zwei Jahre vergangen, lediglich unterbrochen von spärlichen Geburtstagswünschen und einfallslosen Weihnachtskarten.

Kein Wunder, dass Patrick angefressen ist, als er Malte in einem heruntergekommenen Wohnmobil an der Ostsee aufstöbert. Da steht er an der Steilküste, mitten in einem menschenleeren militärischen Sperrgebiet, das sich die Natur zurückerobert. Verfall, so weit das Auge reicht. Und auch die „2 Freunde“ haben so mit den Baustellen in ihrem Leben zu kämpfen. Es geht um Existenzverlust, Vaterschaft, Trauer, Lebensmut und die Kraft für Neuanfänge.

Dabei treffen Drehbuchautor David Ungureit und Regisseur Rick Ostermann mit schlafwandlerischer Sicherheit den richtigen Ton. Die Dialoge wirken kein bisschen wie geschrieben. Herrlich ungekünstelt fügen sie sich in die wildromantische Kulisse ein, in der Malte und Patrick ihre kleinen Kämpfe und Kameradschaft ausleben.

Das reduzierte Konzept – in den gesamten 90 Minuten taucht keine andere Menschenseele auf – lenkt die volle Aufmerksamkeit auf die zwei alten Männer und das Meer. Langweilig? Keine Spur. Schließlich lastet ein alter Schwur auf der Freundschaft, den Malte gebrochen hat. Und Patrick sucht bei seinem unsteten Freund, der vor guter Laune sprüht und Unangenehmes konsequent ausblendet, oft vergeblich nach der Wahrheit.

In diesem Spannungsfeld laufen Justus von Dohnányi und Ulrich Matthes zur Höchstform auf. Ihr Timing bei melancholischen und komischen Szenen – unschlagbar. Etwa wenn Malte glaubt, im ehemaligen Militärgebiet auf eine vergessene Tellermine getreten zu sein und sein Leben Revue passieren lässt. Oder wenn beide darüber diskutieren, wie lebensgefährlich es ist, das Omelette mit Pilzen zu essen, die Patrick zuvor mit seiner Handy-App bestimmt hat. „Ganz schmaler Grat zwischen Mmmh, lecker, und ohhh, tot“, gibt Malte zu bedenken.

Überhaupt der Tod – er winkt ganz leise zwischen den Zeilen, ohne diese Ode auf das Leben zu zerstören.

In der ARD-Mediathek

gibt es nicht nur das aktuelle Fernsehspiel, sondern auch den ersten Film „Freunde“ von 2021.

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