Milberg auf den letzten Metern

von Redaktion

INTERVIEW Der Kieler „Tatort“-Kommissar ermittelt an diesem Sonntag und final 2025

Einer der dienstältesten „Tatort“-Kommissare nimmt bald seinen Hut: Seit 21 Jahren geht Axel Milberg als spröder Kieler Ermittler Klaus Borowski auf Ganovenjagd, unlängst hat der 67-jährige Wahl-Münchner angekündigt, dass er aus der Reihe aussteigt – Borowskis letzter Fall wird 2025 gezeigt. Vorher bekommt es der Kommissar in der Folge „Borowski und der Wiedergänger“ an diesem Sonntag um 20.15 Uhr mit dem Rätsel um einen untreuen Ehemann zu tun, der seine reiche Gattin loswerden will – und plötzlich selber verschwindet.

Herr Milberg, seit mehr als 20 Jahren spielen Sie den Kieler „Tatort“-Kommissar Borowski. Was schätzen Sie besonders an ihm?

Er hört gut zu. Er lässt sprechen, ohne moralisch zu bewerten, scheinbar ohne den Gesprächspartner unter Druck gesetzt zu haben – und entdeckt dann, was er für die Ermittlungen braucht. Das hat sich im Lauf der Jahre herausgebildet, das war nicht immer so.

Das heißt, dass Borowski im Lauf der Zeit milder geworden ist?

Am Anfang war da mehr Härte und Empörung, Borowski war ein Grobian. Die Figur zeigte dem Zuschauer auch mehr, wie er Verbrechen verurteilt. Interessanter als moralische Empörung ist aber gute Polizeiarbeit.

Es wird seit Jahren viel über die Rolle des modernen Mannes geredet. Was bedeutet das für eine Figur wie Borowski?

Ermittlungen sind Teamarbeit. Zunächst ohne Hierarchie, Schieflage, Vorbehalte. Natürlich gibt es Unterschiede: Mann – Frau, Erfahrung – jüngere Kollegin, solche Dinge. Es gibt übrigens nicht den Beruf der Assistentin des Kommissars. Und schon als wir damals eine Polizeipsychologin suchten, die Borowski Teamfähigkeit beibringt, war uns allen wichtig: Sie soll unabhängig sein, klug, schlagfertig. Das alles brachte Maren Eggert in die Rolle der Frieda Jung ein.

Was ist typisch norddeutsch an Borowski?

Dass er nicht viele Worte macht, dass er mehr beobachtet als mitteilt. Das kenne ich aus meiner norddeutschen Kindheit. Viele Menschen im protestantischen Norden haben das Wort „ich“ nicht allzu häufig benutzt. Oder auch die Tendenz, einen Satz anzufangen und dann nicht zu Ende zu bringen. Was vielleicht auch typisch norddeutsch ist: Borowski hat nicht den Drang, jeden Tag als Geschenk des Schicksals an ihn zu feiern: das tolle Frühstück, elegante Kleidung tragen, einen Sportwagen fahren – alles, was Lebensfreude erzählt. Das ist nicht sein Kompass.

Ihr letzter Fall trägt den Titel „Borowski und das Haupt der Medusa“. Wird Borowski darin tragisch enden oder wird es ein Abschied mit einem Lächeln?

Ich kann nur sagen: Es ist ein brutaler Fall. Ein Lächeln kommt sicher auch darin vor. Aber ich werde natürlich bis zum Tag der Ausstrahlung nichts verraten.

Warum hören Sie denn überhaupt auf?

Ich brauche die Freiheit, um neue Erlebnisse zu haben, neue Filme machen zu können. Für Reisen. Gerade die Verträge mit den Streamingdiensten verlangen größere terminliche Beweglichkeit, der Markt hat sich da geändert.

Also sind Sie nicht krimimüde?

Ich? Nein. Es geht immer nur um gute oder schlechte Filme. Dem neuen Team, das künftig für Kiel ermittelt, wünsche ich natürlich ebenfalls gute Drehbücher und spannende Fälle. Es gibt so viele ambitionierte Autoren und Autorinnen, die den Ehrgeiz haben, dass sich nicht immer alles wiederholt.

Ist es heute immer noch ein Ritterschlag, „Tatort“-Kommissar zu sein?

Ich will nicht undankbar sein, aber ich habe ja schon vorher so viel anderes gemacht, dass ich das so nicht sagen kann. Überhaupt in diesem Beruf arbeiten zu können, ist fantastisch.

Welches waren Ihre Highlight-Folgen in den zwei Jahrzehnten als Borowski? Zu den bekanntesten gehören sicher die Krimis mit Lars Eidinger…

Ich schätze alle Folgen, bei denen ich selber vergesse, dass ich da mitspiele und bei denen etwas Fremdes hinzukommt, eine Art Magie. Und natürlich die Begegnungen mit vielen erstaunlichen Kollegen wie Lars Eidinger, Matthias Brandt oder Maren Eggert, um nur einige zu nennen – das allein ist schon ein Geschenk.

Das Gespräch führte

Cornelia Wystrichowski.

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