Eine gewisse Extrovertiertheit gehört dazu, auf die Bühne zu gehen und die Leute zum Lachen zu bringen. Und natürlich schauspielerisches Talent, gutes Timing, gute Pointen. Für Simon Pearce war Comedy außerdem eine Art „Selbsttherapie“, wie er selbst zugibt. Denn der gebürtige Münchner hat als Schwarzer seit er denken kann Erfahrungen mit Rassismus gemacht – und mit Humor darauf reagiert. „Der war gerade in meiner Kindheit und Jugend eine Art Schutzschild. Ich habe Witze über mich gemacht, bevor sie die anderen über mich machen konnten“, sagt der 42-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung. Mit „Humor ist meine Verteidigung“ ist auch ein Porträt des Künstlers aus der Reihe „Lebenslinien“ überschrieben, das das BR Fernsehen heute um 22 Uhr zeigt.
„Verteidigung“ klingt irgendwie martialisch, ist in seinem Fall aber kein zu großes Wort. „Einmal“, so erzählt er im Film, habe er „richtig aufs Maul gekriegt“, ein weiteres Mal sich nur durch Flucht den Prügeln von Neonazis entziehen können. Schlimmer seien jedoch die vielen kleinen Gemeinheiten, denen er sich wegen seiner Hautfarbe ausgesetzt sah und sieht – bis heute. Der kleine Simon ließ sich davon nicht ’runterziehen, er reagierte darauf, indem er die Menschen zum Lachen brachte. Das Talent dazu war ihm wohl in die Wiege gelegt, seine Mutter war die Volksschauspielerin Christiane Blumhoff (1942-2023). Die hatte selbst mit Ablehnung zu kämpfen, als sie Mitte der Siebzigerjahre den Nigerianer Charles Pearce heiratete und mit ihm drei Kinder bekam. Plötzlich wurden Rollenangebote rar.
Simon, ihr Jüngster, spielte bereits als Jugendlicher Theater, später, nach einem abgebrochenen Lehramtsstudium, absolvierte er in München eine Schauspielausbildung. Die „Klischeerollen“, die er danach häufig zu spielen bekam, frustrierten ihn und brachten ihn schließlich dazu, auf der Kleinkunstbühne sein eigenes Ding zu machen. „Er musste in der Schauspielerei ein bisschen hinfallen, um zur Comedy zu kommen“, formuliert es ein Freund im Film. Das mit den Rollen sei besser geworden, versichert Pearce im Gespräch. Seit mehr auf Diversität geachtet werde, „kann ich den Fernsehleuten diesen Vorwurf nicht mehr machen“.
Pearce ist als Schauspieler und Podcaster gut im Geschäft, die Comedy ist und bleibt jedoch seine Leidenschaft. Das Spektrum seiner Nummern sei breiter geworden, konstatiert er, vor allem in „Hybrid“, seinem aktuellen Programm: „Da sind noch zwei, drei Geschichten drin, die sich auf meine Hautfarbe beziehen, aber ansonsten sind das ganz normale Alltagsbeobachtungen, die jeder andere auch auf die Bühne bringen könnte.“ Er habe nach und nach ein anderes Selbstverständnis bekommen: „Ich traue mich mehr, auf der Bühne so zu sein, wie ich sein will, und nicht so, wie ich glaube, dass die Leute mich haben wollen.“ Er wolle von seinen Erfahrungen erzählen und so ganz nebenbei für Toleranz werben, sagt Simon Pearce – nicht nur schwarzen Menschen gegenüber. „Wir sollten generell wieder lernen, einander zuzuhören, einander ernst zu nehmen und versuchen, einen gemeinsamen Weg zu finden“, lautet sein Appell. Es bildeten sich gefühlt immer mehr und immer kleinere Lager, die einander immer unversöhnlicher gegenüberstünden: „Nach dem Motto: Jeder, der nicht meiner Meinung ist, ist ein Depp. Aber so kommen wir nicht weiter.“
Simon Pearce spielt sein Programm „Hybrid“
wieder am 4. April, 20 Uhr, im Lustspielhaus und am 6. Mai, 20 Uhr, im Alten Speicher in Ebersberg.