„Ich sehe mich nicht als Rockstar“

von Redaktion

Hollywoodstar Meryl Streep über ihre Karriere, ihren Dreh mit Robert Redford und Frauen in der Filmbranche

„Sie müssen entschuldigen, ich bin etwas müde“: Im Théâtre Debussy in Cannesstand Hollywoodstar Meryl Streep Journalisten Rede und Antwort. © Valery Hache/AFP

Sie ist an große Auszeichnungen gewöhnt. Doch der tosende, zweiminütige Applaus inklusive Standing Ovations im Filmpalast von Cannes ließ auch Hollywoods Grand Dame nicht kalt. Meryl Streep bekam Anfang der Woche die Goldene Ehrenpalme für ihr Lebenswerk überreicht. Die 74-Jährige musste an ihr letztes Mal beim Filmfestival denken und an die Gedanken, die ihr damals durch den Kopf geschossen waren: „Ich war schon dreifache Mutter, stand kurz vor meinem 40. Geburtstag und dachte, dass meine Karriere vorbei ist. Das war alles andere als eine unrealistische Annahme für eine Schauspielerin in den damaligen Zeiten!“

Für ein „Rendezvous with Meryl Streep“ im Théâtre Debussy von Cannes hat die Diva nun ihr weißes Outfit für die Gala vom Vortag für eine schwarze Bluse mit dezentem Blümchenmuster und schwarzer Hose eingetauscht. Ihre langen Haare trägt sie offen, ihre Augen hinter der schwarzen Brille erscheinen ein bisschen klein. „Sie müssen entschuldigen“, lacht die Schauspielerin, „ich bin etwas müde, weil wir bis drei Uhr letzte Nacht Party gemacht haben!“

Sätze wie dieses machen die Schauspielerin so sympathisch. Starallüren sind ihr fremd: „Ich sehe mich selbst nicht als Rockstar. Ich lebe ein sehr ruhiges Leben, das alles andere als übertrieben oder abgehoben ist!“ Streep witzelt, dass es einen guten Grund dafür gab, weshalb sie bei der Ehrung so emotional reagiert hatte: „Ich bekomme zuhause keinen Respekt. Deshalb war es so umwerfend, hierher zu kommen.“

Streep lässt dann ihre große Karriere noch einmal Revue passieren. Insbesondere eine Szene mit Robert Redford in „Out of Africa“ sei ein prägender Moment gewesen. In der ikonischen Szene wäscht ihr Redford die Haare in einem südafrikanischen Fluss, während er Gedichte rezitiert. „Das war für mich damals eine Sexszene, weil sie so intim war“, erzählt Streep. Um dann ungefiltert nachzulegen: „Wir haben schon so viele Szenen gesehen, in denen die Leute Sex haben. Aber wir sehen nicht so oft solch ein liebevolles Berühren, diese Fürsorge.“

Streep hat eine auch witzige Anekdote zu den Dreharbeiten auf Lager. Denn Redford hatte riesige Angst, im Fluss von einem Nilpferd attackiert zu werden: „Bob war so nervös, weil er gehört hatte, dass Nilpferde mehr Menschen töten als alle anderen Wildtiere in Afrika. Er hat mir zuerst beim Shampoonieren meine Schläfen wie Brot geknetet.“ Worauf Streeps langjähriger Haarstylist eingeschritten sei und Redford ein paar Tipps gegeben habe. Diese führten zu einer deutlichen Verbesserung der Technik: „Nach der fünften Klappe war ich verliebt“, lacht Streep.

Die Schauspielerin ist froh darüber, dass sich in den vergangenen Jahrzehnten die Zeiten für Frauen in der Filmbranche zum Positiven verändert haben. Insbesondere begrüßt sie, dass es inzwischen auch Frauen an der Spitze von Filmstudios gibt. Ich weiß, ich habe das schon 150 000 Mal gesagt, aber es ist einfach die schwierigste Sache für Männer überhaupt, sich in weibliche Hauptrollen hineinzuversetzen.“

Streep erinnert sich, wie ein Mann in führender Position einmal zu ihr meinte: „Ich weiß, wie du dich gefühlt hast und wie schwer es ist, Entscheidungen zu treffen, die kein anderer nachvollziehen kann!“ Die Rolle, um die es ging, war ausgerechnet die fiese und eiskalte Modemagazin-Chefredakteurin Miranda Priestly in „Der Teufel trägt Prada“. Damit konnte sich der Studioboss 2006 offensichtlich identifizieren. Streep grinst in die Runde: „Das fand ich einfach nur faszinierend.“

Der Filmstar bewundert die immer größer werdende Anzahl an Schauspielerinnen in Hollywood, die inzwischen ihre eigenen Filme produzieren: „Reese Witherspoon, Nicole Kidman und Natalie Portman – sie haben alle ihre eigenen Produktionsfirmen.“ Für Streep selbst kam das nie infrage. Die vierfache Mutter witzelt, dass sie „nur Babys produziert habe“. Und wird dann noch einmal ernst: „Ich wollte niemals Telefonate nach 19 Uhr bekommen. Deshalb habe ich nie selbst produziert und bewundere alle, die das tun. Es gibt einfach nicht genug Stunden in einem Tag für mich!“ CHRISTIAN THIELE

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