„Aber gebumst hast du schon?“ Bei einem vom Südwestrundfunk organisierten Festival an Pfingsten in Stuttgart stellte Oliver Pocher eine Besucherin bloß. © Steinbrenner, Hirschberger
Beim SWR gesamtverantwortlich: Intendant Kai Gniffke.
Oliver Pocher ist berüchtigt dafür, bei seinen Auftritten auch derbe Scherze auf Kosten einzelner Zuschauerinnen und Zuschauer zu machen. Das hielt den öffentlich-rechtlichen Südwestrundfunk (SWR) nicht davon ab, den Comedian an Pfingsten zu einem Sommerfestival nach Stuttgart einzuladen – mit der Folge, dass sich der Sender jetzt von den Witzen Pochers distanzieren musste, mit denen dieser eine Zuschauerin sogar zum Weinen brachte.
Als prominentester Kopf einer Comedyshow unter freiem Himmel sollte der 46-Jährige sein Publikum unterhalten. Wie zunächst die „Stuttgarter Zeitung“ berichtete, bat er Singles im Publikum um Handzeichen. Zwei Frauen aus der ersten Reihe meldeten sich, eine von ihnen gestand auf Pochers Nachfrage „Aber gebumst hast du schon?“, dass sie noch keinen Sex gehabt habe. In der Folge thematisierte der Comedian immer wieder die „Jungfräulichkeit“ der „Zuckerschnecke“.
Auch in einem Video, das er auf der Bühne für seine 1,7 Millionen Follower auf Instagram aufnahm, nahm Pocher den Running Gag auf und verriet, dass die Frau im Krankenhaus arbeitet. Auf Nachfrage nannte sie ferner die Stadt. Wenn man dort in die Notaufnahme komme, „diese junge Dame, die versorgt Sie, davon können Sie ausgehen“, so Pocher.
Laut Zeitung blieb die Frau nach Ende der Show verstört und weinend sitzen. Verantwortliche des SWR hätten ihr versichert, die Show sei nicht gesendet, sondern nur auf den Videoleinwänden des Festivals gezeigt worden. Von Pocher verspottet worden zu sein, sei ihr egal, habe sie gesagt. Dass ihr Arbeitgeber das Ganze nicht lustig finden könnte, bereite ihr jedoch Sorgen. Genau diese Information ist in dem Instagram-Beitrag jedoch dauerhaft sichtbar.
Der Sender hat sich inzwischen von dem Auftritt distanziert. Derartig verletzende Bloßstellungen hätten in einem öffentlich-rechtlichen Angebot nichts verloren, hieß es. Mit Pocher habe ein Publikum angesprochen werden sollen, das sonst „nur unzureichend versorgt“ würde. Dieser Versuch sei in diesem Fall bedauerlicherweise völlig misslungen, so der Sender. Auch SWR-Moderator Matthias Holtmann kritisierte den Auftritt des Komikers, der derzeit mit seinem Programm „Liebeskasper“ tourt. „Das war nicht auszuhalten“, wird Holtmann zitiert, „so herablassend geht man nicht mit seinem Publikum um“.
Die Verantwortlichen hatten sich in einer ersten Stellungnahme noch zurückhaltend geäußert. „Wir als öffentlich-rechtlicher Sender bewerten keine künstlerischen Programme“, so Kommunikationschefin Anja Görzel. Gefragt, ob man Pocher gebeten habe, seinen Instagram-Post zu löschen, antwortete Görzel, man sei mit dem Management Pochers „im Austausch“.
Der Comedian hat wegen seiner verletzenden Scherze schon oft für Eklats gesorgt, so musste er 2005 für seine Empfehlung an eine Zuschauerin bei „Wetten, dass…?“, sich einer Schönheitsoperation zu unterziehen, mehrere tausend Euro Schmerzensgeld zahlen. RUDOLF OGIERMANN