Die Nachricht vor den Nachrichten

von Redaktion

Wer bekommt wann wie viel Sendezeit bei der Wahlwerbung im Fernsehen?

Verteilung nach dem „Prinzip der abgestuften Chancengleichheit“: Wahlwerbespot (Screenshot) der CSU. © rog

Es ist ein Kampf um Aufmerksamkeit. Im Superwahljahr machen Parteien Jagd auf jede Stimme. Man sieht es wieder überall – an Laternenmasten und auf Grünflächen finden sich Konterfeis von Politikern auf Wahlplakaten. Für die Wahlwerbung spielen aber auch die Medien eine Rolle. Abends, wenn sehr viele Leute fernsehen, gibt es Wahlwerbespots zur Europawahl am 9. Juni. Zur besten Sendezeit, zwischen 16 Uhr und Mitternacht.

Dafür gibt es zahlreiche Regeln. Bundesweit zugelassene Rundfunkveranstalter sind verpflichtet, den Parteien „angemessene Sendezeiten“ einzuräumen. Doch welche Partei bekommt welchen Slot – womöglich direkt vor den Nachrichten, mit größtmöglicher Reichweite?

Die Verteilung erfolgt in einem Losverfahren

„Die Verteilung der Wahlwerbespots erfolgt in einem Losverfahren, welches jedoch den Ansprüchen der abgestuften Chancengleichheit Rechnung trägt“, heißt es auf Anfrage unserer Zeitung von der ARD. So werde sichergestellt, dass Parteien nicht unterschiedlich stark unmittelbar vor der Wahl Sendezeit erhalten oder etwa ausschließlich zu quotenschwachen Zeiten.

Vom „Prinzip der abgestuften Chancengleichheit“ spricht auch das ZDF. Danach wird den Parteien und Vereinigungen – insgesamt sind es in Deutschland diesmal 35 – je nach deren Bedeutung die Anzahl der Spots zugewiesen. Auch hier erfolgt die Verteilung nach einem Losverfahren. Dass nur die großen Parteien im Umfeld quotenstarker Programme einen Platz bekommen, ist damit nicht garantiert. Auch Splittergruppen wie die Tierschutzpartei oder „Menschliche Welt“ haben also durchaus die Chance, beispielsweise vor oder nach „Tagesschau“ oder „heute“ zu laufen.

Genau definiert ist der Umgang mit Wahlwerbung im „Leitfaden der Medienanstalten zu den Wahlsendezeiten“, an dem sich Privatsender wie Pro-Sieben-Sat.1 oder die RTL-Gruppe orientieren. „Die Wahlwerbung einer kleineren Partei darf grundsätzlich gegenüber der Werbung der großen Parteien nicht erdrückt werden oder untergehen“, heißt es da: „In der bisherigen Rechtsprechung wird hierzu die Auffassung vertreten, dass hierfür mindestens zwei Spots erforderlich seien, weil erst durch eine Wiederholung überhaupt ein Werbeeffekt erzielt werden könne.“

Für etablierte, das heißt, im Bundestag vertretene Parteien wie AfD, Grüne, FDP und Die Linke gilt demnach, dass sie mindestens die Hälfte der Sendezeiten von CDU/CSU und SPD erhalten. „Anhaltspunkt für die Sicherung der Gleichwertigkeit der Sendeplätze ist die jeweilige Preiskategorie für Wirtschaftswerbespots, welche über den Tag differiert.“

Produktwerbung ist nicht zulässig

Die maximale Sendedauer pro Filmchen – das betrifft wieder alle Sender – beträgt eine Minute und 30 Sekunden. Spots können abgelehnt werden, „wenn es sich inhaltlich nicht um Wahlwerbung handelt oder der Inhalt offenkundig und schwerwiegend gegen die allgemeinen Gesetze verstößt“. Das war aktuell der Fall bei der marxistisch-leninistischen MLPD, die sich per Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen wehren wollte, dass die ARD im Ersten nur eine überarbeitete Fassung ihres Spots zuließ. Der zuständige Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) teilt mit, in der ursprünglichen Fassung sei für ein Buch geworben worden. „Produktwerbung ist aber in Wahlspots nicht zulässig, daher mussten wir den Spot zurückweisen.“

Der tatsächliche Einfluss der Spots auf die Wahlentscheidung ist wohl eher gering – so jedenfalls sehen es viele Medienwissenschaftler. Zumeist würden die Wählerinnen und Wähler durch sie in ihrer Absicht, ihr Kreuz bei der bevorzugten Partei zu machen, bestärkt, nur selten veränderten sie allein deren politische Einstellung.
(MIT DPA)

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