Spielen oder nicht?

von Redaktion

Wie es Radiosender mit dem Hit von Gigi D‘Agostino halten, der für rassistische Parolen missbraucht wird

Sein Hit „L‘amour toujours“ ist in die Schlagzeilen geraten – der italienische DJ Gigi D‘Agostino hat mit rassistischem Gedankengut selbst nichts am Hut. © Imago

Auch Wochen nach dem Video von Sylt (die „Nazi-Schnösel“) schlägt der Skandal weiterhin große Wellen. Besonders das Lied, das die jungen Menschen für ihre rechten Parolen missbrauchten, steht nun im Fokus. Auf dem Oktoberfest soll „L‘amour toujours“ von Gigi D‘Agostino nicht mehr gespielt werden (wir berichteten). Und im Radio? Mancher Sender streicht den Song aus dem Programm. Andere lassen ihn bewusst drin, um rechten Hetzerinnen und Hetzern nicht zu viel Macht zu geben. Wir haben uns umgehört.

Auf Bayern 3 ist das Lied laut einer Sprecherin weiterhin sehr beliebt. „Nach unserem Wissensstand geben weder der Originaltext noch der Sänger Gigi D‘Agostino selbst Anlass zu der Vermutung, dass der Song aus bestimmten Gründen für die unerträglichen Botschaften missbraucht wird. Die Redaktion wird den Titel daher derzeit nicht aus dem Programm nehmen“, heißt es. „Allerdings soll auch berücksichtigt werden, dass der Song durch den menschenverachtenden ‚Gröle‘-Text der vergangenen Tage für viele Menschen im Moment ein rotes Tuch ist und leider mit diesen unsäglichen Parolen verbunden wird. Deswegen wird Bayern 3 vorerst vorsichtig mit Einsätzen dieses Titels umgehen – wenn er eingesetzt wird, dann stets eingeordnet im Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung.“

Weiterhin spielen wird auch NDR 2 das Lied, während es in anderen norddeutschen Programmen ohnehin nicht mehr lief, wie eine Sprecherin erklärt. Beim Popsender WDR 2 lief das Lied in den vergangenen eineinhalb Jahren auch nur vier Mal, daher ist laut Pressestelle keine aktuelle Entscheidung vonnöten. Auch bei Antenne Bayern ist das Lied laut stellvertretendem Programmdirektor Gerrit Kohr „schon seit langer Zeit nicht mehr zu hören“, wie er gegenüber unserer Redaktion sagt. Kohr bedauert, dass es überhaupt zu solchen Fragen und „unschönen Assoziationen“ kommt. „Dies ist jedoch ausschließlich auf das grobe Fehlverhalten einzelner Personen zurückzuführen und steht in keiner Verbindung zu Gigi D‘Agostino und seiner Musik“, so der Programmdirektor.

Anders der Popsender des Südwestrundfunks: SWR 3 hat „L‘amour toujours“ aus dem Programm gestrichen, wie auf Anfrage bestätigt wird. „Die Redaktion hat sich darüber ausgetauscht und beschlossen, das Lied vorerst nicht mehr zu spielen. Dies vor dem Hintergrund, dass die Nummer aufgrund des tumben, menschenverachtenden Gegröles für viele Hörerinnen und Hörer ein rotes Tuch ist“, heißt es vom SWR. Der Rundfunk verweist aber darauf, dass der Titel nicht dauerhaft stillgelegt sei.

Die Münchner Sender Radio Arabella und 95.5 Charivari hatten den Song, der übrigens schon 25 Jahre alt ist, ohnehin nicht im Programm – Geschäftsführer Till Coenen hätte ihn aber, für den Fall, dass er gespielt worden wäre, „aus der Rotation“ genommen, um „unnötige Provokationen zu vermeiden“, wie er erklärt.

Für den Bayerischen Rundfunk in München, der das Lied weiterhin spielt, steckt in der Frage, ob der Song auch künftig laufen soll, sogar eine Grundsatzdebatte, inwiefern sich eine Gesellschaft von extremen Rändern treiben lassen darf: „Soll sich eine freie Gesellschaft von radikalen Minderheiten Musik, Bilder, Filme durch bewusste Entfremdung und Missbrauch wegnehmen lassen? Das würde in den rechten Kreisen ganz sicher als Erfolg gefeiert werden“, heißt es vom Sender. „L’amour toujours“ gehöre doch allen Menschen, die friedlich und gemeinsam miteinander feiern wollen. „Er gehört nicht den radikalen Bewegungen.“ MORITZ MAIER

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