Den Schalk im Blick: Maren Kroymann. © M. Skolimowska
Sie ist eine Frau mit Humor – und nimmt doch alles Wichtige ernst. Tübingen, wo Maren Kroymann mit ihren Eltern und vier Brüdern aufwuchs und studierte, muss abgefärbt haben – freilich nicht die angestaubte Tradition, sondern das Motto der Universität: „Attempto!“ (Ich wag‘s!). Morgen wird sie 75 Jahre alt.
Noch während des Studiums machte Kroymann erste Bühnenerfahrungen im Chor und mit eigenem Programm. Das Fernsehen ließ damals noch auf sich warten. Beziehungsweise man hatte dort noch kaum eine Vorstellung davon, dass Frauen richtig lustig sein können. Das Nichtinteresse war gegenseitig. Mit dem Abend „Auf Du und Du mit dem Stöckelschuh“ (1982), in dem sie ironisch mit dem Schlager umging, begann Kroymanns Karriere richtig.
Singen, so sagte sie später, traute man Frauen eher zu als Texte zu schreiben, Schlager zumal, und über das Subversive des Kontexts konnte man auch weghören. Die ARD besetzte sie schließlich als schwäbische Pfarrersfrau Claudia Wiegandt. Mit Robert Atzorn wurde sie beliebt in „Oh Gott, Herr Pfarrer“ von Autor Felix Huby, da war sie schon Ende 30. Vor großem Publikum spielte Kroymann diese moderne berufstätige Frau, die mit den Kindern erst einmal als Lehrerin in Tübingen bleibt, um dann frischen Wind in die Gemeinde des Mannes zu bringen.
Fünf Jahre später traute sie sich in „Nachtschwester Kroymann“ schließlich Sketche über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz oder Vergewaltigung in der Ehe zu machen, die an Schärfe nichts zu wünschen übrig lassen. Jürgen Breest, damals Unterhaltungschef bei Radio Bremen, förderte sie. Als die Kabarettistin und Schauspielerin sich im „Stern“ als lesbisch outete und 1994 mit anderen homosexuellen Frauen bei „Boulevard Bio“ auftrat, war die ARD allerdings „not amused“. Als 1997 eine Programmreform anstand, habe man sie nicht mehr berücksichtigt.
Kroymann spielte, im Fernsehen und im Kino, sang, präsentierte augenzwinkernd Schlager der Fünfziger- und Sechzigerjahre, blieb präsent. Engagierte sich. Spielte Frauen mit Macht als großartige Kotzbrocken, so in der Parlamentssatire „Eichwald, MdB“, wo sie als Fraktionsvorsitzende männliche Politiker herumscheucht. „Kaum waren 20 Jahre vergangen“, da gab es „schon wieder“ eine Sendung in der ARD, so berichtete die Kabarettistin in ihrer berühmt gewordenen Dankesrede bei der Verleihung des Deutschen Comedypreises im Jahr 2021. Die Satiresendung „Kroymann“ nämlich, die 2017 startete.
Diskriminierungen, der männliche Blick auf Frauen als Sexualobjekte, die Sichtbarkeit queerer Personen im Fernsehen, Frauen und Geld zählen zu den Themen, die Kroymann wichtig sind. Sie hat etliche Preise erhalten, Deutscher Fernsehpreis, gleich drei Grimme-Preise, darunter der für ihr Lebenswerk. Bei Kroymann wird die abgründigste Pointe mit charmantem Lächeln verbunden, da paart sich entlarvende Satire mit Selbstironie, der nichts heilig ist, außer eben der Haltung. Eine Haltung, in der das Nachdenken, das nach der Pointe beginnt, genauso wichtig ist wie die Pointe selbst. Die, gerade wenn sie nicht zündet, alles verraten kann über den Zustand unserer Gesellschaft und das Verhältnis der Geschlechter.
Maren Kroymann – ein Glücksfall, nicht nur für intelligente, hochkomische Unterhaltung.
HEIKE HUPERTZ