Der Rockstar daheim: Bruce Springsteen 1977. © Gahr/Getty
Auch mit 74 Jahren tourt Bruce Springsteen immer noch unermüdlich um die Welt. Mit zwei Konzerten im Londoner Wembley-Stadion hat er gerade seine große Europa-Tournee beendet. Ab Mitte August geht es für ihn und seine E Street Band in Nordamerika weiter. © Lejhall/EPA
Die Liste seiner Hits ist lang. Mit seinen Konzerten füllt Bruce Springsteen weltweit große Stadien – und Barack Obama ist sein Kumpel. Jetzt nähert sich eine Arte-Doku dem Phänomen Springsteen. Zu sehen ist der Film mit dem Titel „Bruce Springsteen, der amerikanische Freund“ heute um 22.10 Uhr beim Kulturkanal und bis Ende August in der Mediathek.
„The Boss“, wie ihn seine Fans nennen, tourt mit 74 Jahren immer noch unermüdlich um die Welt. Mit zwei Konzerten im Londoner WembleyStadion hat er gerade seine große Europa-Tournee beendet. Ab Mitte August geht es für ihn und seine E Street Band in Nordamerika weiter.
„Ich habe die Zukunft des Rock’n’Roll gesehen, und sie heißt Bruce Springsteen“, schrieb der „Rolling Stone“Kritiker Jon Landau einst, noch bevor dem Musiker der große Durchbruch gelang. Er sollte Recht behalten – und wurde später Springsteens Manager. Was aus heutiger Sicht unvorstellbar ist, war damals üblich: Als Newcomer hatte der junge Bruce einen Vertrag über drei Alben unterschrieben. Die ersten beiden verkauften sich nur mäßig. Aber das dritte wurde ein Welterfolg. „Born to run“ erschien im August 1975 und machte Springsteen zum Megastar.
Anhand von alten Interviews und mit viel Archivmaterial versucht der französische Regisseur Thomas Boujut die Motivation und die Seele des Mannes aus New Jersey zu zeigen, und seine gesellschaftliche Bedeutung als Stimme der Arbeiterklasse einzuordnen. Die Doku enthält dabei viele interessante Anekdoten. Man erfährt von Springsteens Inspiration vom New-Hollywood-Kino der Siebzigerjahre, seine indirekte Verbindung zu Robert De Niro und Martin Scorsese und sein zufälliger Einfluss auf „Taxi Driver“. Der berühmteste Satz aus dem Filmklassiker stammt demnach aus einem Konzert Springsteens.
Natürlich geht es in dem Film auch um das große Missverständnis „Born in the U.S.A.“. Den Hit deuteten Politiker, darunter der republikanische Präsident Ronald Reagan, gern als patriotische Hymne auf die USA, obwohl es eine bittere Abrechnung mit dem Vietnam-Krieg war und ist. Das gleichnamige Album verkaufte sich mehr als 30 Millionen Mal.
Ab 2004 engagierte sich Springsteen regelmäßig im Wahlkampf für die Demokraten. Mit dem ehemaligen Präsidenten Barack Obama ist er gut befreundet. „Ich bin der Präsident, aber er ist der Boss“, verkündete Obama bei einer gemeinsamen Veranstaltung während seiner Amtszeit. Der Spitzname „Boss“ ging übrigens aus einem Scherz unter den Musikern der E Street Band hervor und blieb dann irgendwie hängen.
In seiner Dokumentation verfällt Boujut etwas zu sehr in Heldenkult und Lobhudelei. Kritische Themen oder persönliche Geschichten kommen leider kaum vor. Dass der Musiker etwa mit Depressionen zu kämpfen hatte, wird nur am Rande erwähnt. Die Kontroverse vor zwei Jahren um horrende Ticketpreise, die mit den Werten – und dem Budget – der Arbeiterklasse so gar nicht vereinbar waren und viele Fans verprellten, bleibt außen vor. Mit knapp 60 Minuten ist „Bruce Springsteen, der amerikanische Freund“ allerdings auch zu kurz, um alle Aspekte der Karriere eines Megastars zu beleuchten, dessen Konzerte nicht selten drei- bis viermal so lang sind wie die Laufzeit dieser insgesamt sehenswerten Doku.
PHILIP DETHLEFS