Gute Verbindung: Fritz Egner und die große Tina Turner. Die Rock-Legende starb im vergangenen Jahr. © Archiv
Entspannter Typ: Egner im Interview mit Mick Jagger (81). Die beiden trafen sich mehrfach. © Archiv
Man sagt – und schreibt – das so schnell dahin: Legende. Aber Fritz Egner ist wirklich eine. Seit 50 Jahren steht er hinterm Radio-Mikrofon, die meiste Zeit beim Bayerischen Rundfunk. Seine Sendung „Fritz & Hits“ am Freitagabend bei Bayern 1 ist für viele treue Hörer fester Termin im Kalender, und man kann sich tatsächlich nicht satthören an dieser vertrauten Stimme und den Geschichten über die ganz Großen der internationalen Musikszene. Egner hat sie alle getroffen – von Mick Jagger über James Brown bis zu Madonna und Michael Jackson. Aber der Münchner stand auch vor der Fernsehkamera, moderierte Shows wie „Dingsda“ (1985 bis 1994) und „Die versteckte Kamera“ (zwischen 1995 und 2003). Am Samstag feiert Egner seinen 75. Geburtstag.
Sie haben heuer doppelt Grund zu feiern: 75 Lebensjahre und 50 Jahre als erfolgreicher Radiomoderator. Auf was freuen Sie sich mehr?
Beides macht mir eher Angst. (Lacht.). Mein Alter nehme ich dabei gar nicht so wahr, Geburtstage feiere ich ehrlich gesagt schon ganz lange nicht mehr. Aber die 50 Jahre Radio, die erfassen mich emotional. Ich blicke mit viel Demut zurück und empfinde die Zeit als großes Privileg.
Inwiefern?
Ich durfte immer frei arbeiten. Mir hat beim BR nie jemand gesagt, was ich spielen soll, oder andersherum, dass ich irgendwas nicht spielen darf.
„Tollkühn“ sei es gewesen, so hat es ein Kollege formuliert, dass Sie sich vor 50 Jahren beim US-Sender AFN bewarben, obwohl Sie noch nie ein Radiostudio von innen gesehen hatten.
Im Nachhinein muss ich sagen, das war schon nah an der Hochstapelei. (Lacht.) Aber wenn man etwas wirklich will, ist einem jedes Mittel recht. Ich sehe darin den Beweis, dass alles gelingen kann, wenn man nur daran glaubt.
AFN war dann Ihr Sprungbrett zum BR, wo Sie seit 1979 sind. Neben dem Radio moderierten Sie ab Mitte der Achtziger aber auch vor der TV-Kamera.
Ja, dabei wusste ich überhaupt nicht, wie das geht. Als ich dann mit „Dingsda“ ins Erste kam, hatte ich Angst, dass das mit meiner bayerischen Sprachfärbung nicht gut gehen könnte. Aber der damalige Intendant des NDR beruhigte mich: „Wenn man Sie sprechen hört, denkt man automatisch an Urlaub in Bayern.“ Allerdings hatte ich unterschätzt, was es bedeutet, die Anonymität von heute auf morgen komplett zu verlieren.
Alles in allem haben Sie sich hinter dem Radio-Mikro also immer wohler gefühlt?
Ja, eigentlich schon.
Ihre Interviews sind legendär. Was ist das Geheimnis eines guten Gesprächs?
Ich habe mich auf Interviews immer akribisch vorbereitet und wollte meinen Gästen das Gefühl vermitteln, dass ich mich mit ihnen und ihrer Musik auseinandersetze und sie mit mir nicht ihre Zeit verschwenden. Das ist eine gute Grundlage, würde ich sagen.
Gibt es eine Charakter-Eigenschaft, die alle großen Künstler eint?
Ich würde sagen, alle großen Künstler haben eine gewisse Aura: eine Kombination aus Überzeugung von dem, was sie machen, und fast spirituellen Fähigkeiten. Bei denen spürt man, dass sich die Energie verändert, sobald sie einen Raum betreten.
An wen denken Sie?
Harry Belafonte zum Beispiel. Oder Stevie Wonder, Bob Marley, James Brown. Die hatten alle ein Talent, das man nicht erlernen kann. Michael Jackson war dagegen ein kleines verhuschtes Männchen – wenngleich auch mit einer Energie, die er zur rechten Zeit, auf der Bühne eben, auspacken konnte. Das ist auch eine Gabe.
Können Sie eigentlich einer Künstlerin wie Taylor Swift etwas abgewinnen?
Doch ja, kann ich. Ich war sogar auf ihrem Konzert, und es hat mich überzeugt. Ihre Show ist perfekt durchchoreografiert. Taylor Swift hat auch eine besondere Kraft und vor allem die Fähigkeit, Mamas und Kinder gleich zu begeistern. Ihre Texte sind auch gut. Und so einen vollen Olympiaberg habe ich überhaupt noch nie gesehen.
Aber glauben Sie, dass man über Taylor Swift in 30 Jahren noch reden wird?
Das wahrscheinlich nicht. Dafür ist die Zeit heute zu schnelllebig.