Der Hofnarr hält Hof

von Redaktion

Die Präsentation von Thomas Gottschalks neuem Buch „Ungefiltert“ wird zur Ein-Mann-Show

Prominente Besucherin: Auch Ehefrau Carina gab Gottschalk die Ehre.

„Will mir jemand was an den Kopf werfen?“ Als Alleinunterhalter, der Publikumsfragen launig beantwortet, war der große Herbstblonde am Dienstagabend im Münchner Arri in seinem Element. © Andy Knoth/API (4)

Lesen statt frei zu reden? Das passt nicht zu Thomas Gottschalk, auch dann nicht, wenn er das, was er da liest, selbst geschrieben hat. Und so kann man den als Lesung aus seinem Buch „Ungefiltert“ angekündigten Abend im Münchner Arri als das sehen, was er wohl vor allem sein sollte – ein Anlass für den großen Herbstblonden, sich mal wieder auf einer großen Bühne zu präsentieren. Schön für seine Fans, schön für ihn. Der – selbst ernannte – Hofnarr hält Hof.

Gelesen wird nämlich nicht allzu lange, dann fordert Gottschalk, im grau-grün schillernden Anzug, sein Publikum freundlich auf: „Will mir jemand was an den Kopf werfen?“ Es wirft niemand, stattdessen kommen Fragen vor allem zu seiner Karriere. Fast alle geeignet zu nostalgischen Rückblicken. Auf seine Anfänge beim Bayerischen Rundfunk als einer, der sich den Mund nicht habe verbieten lassen, seine großen Jahre bei „Wetten, dass…?“, überhaupt die Zeiten, in denen er erst redete und dann dachte – und übrigens nicht nur Geri Halliwell, sondern auch Peter O‘Toole einst angefasst habe. Na dann… „Heute denke ich erst und sage dann – nichts!“

Der inzwischen 74-Jährige ist in seiner Art aufzutreten und zu sprechen, zweifellos jung geblieben, kleine kokette Frechheiten inklusive („Ich sehe immer noch besser aus als Günther Jauch, und dabei wird es auch bleiben.“). Inhaltlich sind Variationen des „Früher war alles besser“ nicht zu überhören. „Früher hat man ferngesehen, um Spaß zu haben, heute sieht man fern, um sich aufzuregen“, ist einer dieser Sätze, bezogen sicher auch auf Social Media und die Zerstörungskraft von Shitstorms. „Die Musik war früher besser!“, ein anderer, für den es natürlich – wie öfters an diesem Abend – Applaus gibt.

Gottschalk bewegt sich – durchaus elegant – hin und her zwischen „Manches, was ich heute sehe, bejammere ich“ und „Der Samstagabend hat sich erledigt – ich beklage das nicht.“ Die Öffentlich-Rechtlichen sollten nicht den jungen Leuten nachlaufen, „das hat keinen Sinn“, sagt deren einst wohl größter Paradiesvogel – und gerät bei einer Zuschauerfrage nach seinem Ausflug zu Dieter Bohlen und dem „Supertalent“ dann doch für einen kurzen Moment ins Flattern. Da sei ja so viel rausgeschnitten worden, nichts wirklich spontan gewesen. Und Bohlen einer, der allein die Lacher habe abräumen wollen. Das will der Profi nicht gewusst haben?

Sei’s drum – ein harmonischer Abend in München, eine Ein-Mann-Show ohne Eklats, bei der Sätze wie „Ich habe in meinem Leben viel Schwein gehabt“ und „Ich lebe noch ‘ne ganze Zeit, das habe ich Carina versprochen“ nachhallen. Mit dem Fernsehen soll übrigens mit 75 endgültig Schluss sein, dann will Thomas Gottschalk auch mit „Denn sie wissen nicht, was passiert“ bei RTL aufhören. Und das Buch? Das lesen die Fans, die sich am Ende in einer langen Schlange zum Signieren aufstellen, dann selbst. Zu Hause.
RUDOLF OGIERMANN

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