„SZ“ zieht sich aus Oberbayern zurück

von Redaktion

Laut Verdi schließt das Blatt Landkreisbüros

Das „SZ“-Hochhaus an der A94 im Osten Münchens: Laut der Gewerkschaft Verdi will sich die Zeitung aus der Regionalberichterstattung zurückziehen. © SZ

Eingeladen haben die Verantwortlichen der „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“) zu der außerordentlichen Sitzung am vergangenen Mittwoch mit den Hinweisen, es gehe um die Neuausrichtung des „publizistischen Kompass für die Landkreisredaktionen“ sowie darum, die „Zukunft des Journalismus in der Redaktion langfristig zu sichern“. Das berichtet zumindest die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.

Doch letztlich habe die „SZ“-Chefredaktion gemeinsam mit der Ressortleitung den dort rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mitgeteilt, dass das Blatt die Außenbüros in den Landkreisen aufgeben und die Berichterstattung stark zurückfahren werde. Diese Mitteilung sei „lapidar“ erfolgt, so Verdi; die Gewerkschaft nennt allerdings keinen Zeitplan für die Umsetzung des Vorhabens.

Die Entscheidung hätte weitreichende Folgen für die bayerische Medienlandschaft. Nach Verdi-Informationen sollen die bisherigen „SZ“-Landkreisausgaben in Freising/Erding, Fürstenfeldbruck, Dachau, Wolfratshausen und Ebersberg eingestellt werden. Die Berichterstattung aus diesen Regionen wird künftig gebündelt auf insgesamt zwei Seiten im München- und Bayernteil des Blatts erscheinen. „Lediglich die Starnberger Ausgabe und der Landkreis München behalten wegen der dort vergleichsweise stabilen Auflagen eine gewisse Eigenständigkeit, werden aber auch dem München- und Bayernteil zugeordnet“, schreibt Verdi. Betriebsbedingte Kündigungen sollen bei den Schließungen der Außenredaktionen vermieden werden.

Das jedoch ändere nichts an der Tatsache, dass sich die „SZ“ aus der Fläche rund um München zurückziehe. Damit gibt die Zeitung ihre Strategie aus den Siebzigerjahren auf: Damals wollte man mit eigenen Außenredaktionen und Lokalausgaben dem „Münchner Merkur“ und seinen 23 Heimatzeitungs-Ausgaben Konkurrenz machen.

Der „SZ“-Redakteur Franz Kotteder, der zudem Landesvorsitzender der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in der bayerischen Verdi ist, sieht die Entscheidung als einen „schweren Schlag für den Lokaljournalismus und die Pressevielfalt in der Region um München“. Weiter erklärt der Journalist: „Die ,SZ‘ will offenbar freiwillig Federn lassen und lässt dafür ein ehrgeiziges Projekt aus ihrer Geschichte sausen.“

Luise Klemens, Landesbezirksleiterin von Verdi Bayern, weist in ihrer Stellungnahme auch auf die gesellschaftspolitische Bedeutung der Entscheidung hin: „Qualitätsjournalismus vor Ort ist das beste Mittel gegen Desinformation und stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wer hier den Rotstift ansetzt, schwächt die demokratische Kultur in unserer Region.“

Die „Süddeutsche Zeitung“ hat – wie alle Tageszeitungen in Deutschland – mit sinkenden Auflagen der gedruckten Zeitung zu kämpfen. Wie die Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) am Dienstag in Berlin mitteilte, ging die verkaufte Auflage aller deutscher Tageszeitungen von gut elf Millionen im zweiten auf 10,7 Millionen Exemplare im dritten Quartal 2024 zurück, was ein Minus von etwas mehr als zwei Prozent bedeutet. Der positive Trend der Auflagenzuwächse bei den E-Papern sowie bei der Nutzung von Paid Content setzte sich laut IVW im dritten Quartal indes branchenweit fort.

Die „Süddeutsche Zeitung“ verkaufte in den Monaten Juli, August, September 2024 täglich insgesamt 255 715 Exemplare (Print und E-Paper). Im vergangenen Jahr waren es im selben Zeitraum noch 272 012 Exemplare. Das ist ein Rückgang von 5,99 Prozent. Zum Vergleich: Der „Münchner Merkur“ und seine Heimatzeitungen verlor im selben Zeitraum 2,81 Prozent.

Dies nämlich stellen die IVW-Experten fest: „Unsere Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Die Menschen wissen journalistische Publikationen nach wie vor zu schätzen, nutzen sie aber weniger in Print als digital“, so Geschäftsführer Kai Kuhlmann.
MM/EPD

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