TV-Journalist Ingo Zamperoni hat selbst lange als Korrespondent in Washington gelebt. © Henning Weskamp/NDR
Normalerweise moderiert Ingo Zamperoni die „Tagesthemen“, doch manchmal verlässt der deutsch-italienische Journalist auch das Studio und begibt sich auf Reportagereise. Dann zieht es den 50-Jährigen bevorzugt in die USA, wo er sich gut auskennt und auch familiäre Kontakte hat – Zamperoni war früher Auslandskorrespondent in Washington und ist mit einer Amerikanerin verheiratet. Für seine Dokumentation „Wirklich nochmal Trump, Amerika?“, die ab heute in der ARD-Mediathek zu sehen ist und am 4. November im Ersten läuft, sind Zamperoni und seine Kollegin Birgit Wärnke kreuz und quer durch die USA gereist, um wenige Wochen vor den Präsidentschaftswahlen die Stimmung im Land einzufangen.
Herr Zamperoni, wie haben Sie die Stimmung im Land erlebt?
Viele Leute haben mir gesagt, sie sind froh, wenn’s bald vorbei ist und sie nicht mehr mit Wahlwerbung bombardiert werden. Das Land befindet sich ja im Prinzip seit über einem Jahr im Wahlkampf, und in manchen Teilen der USA, gerade in den Swing States, ist die Spannung so kurz vor der Wahl natürlich groß. Es herrscht in beiden politischen Lagern eine gewisse Anspannung, vor allem bei den Demokraten ist die Nervosität groß. Die Republikaner sind nach meinem Eindruck etwas zuversichtlicher.
Donald Trump oder Kamala Harris – wer macht das Rennen?
Einen Tipp möchte ich nicht abgeben. Ich schaue jeden Tag auf die Umfragen, es geht für beide Lager mal rauf, mal runter. Es kommt darauf an, wie die Menschen in den sieben Swing States abstimmen, also dort, wo mal so und mal so gewählt wird – und wie es da ausgeht, lässt sich beim besten Willen nicht prognostizieren.
Ist die Stimmung nach wie vor so polarisiert im Land?
Und ob, aber gerade deshalb sagen viele Amerikaner: Hör mir bloß auf mit Politik. Viele wollen sich überhaupt nicht mehr mit den Argumenten der Gegenseite auseinandersetzen, andere wollen überhaupt nicht mehr über Trump oder Harris reden. Die Positionen und Feindbilder sind zementiert, da gehen auch Freundschaften kaputt.
Sie sind mit einer Amerikanerin verheiratet, und auch Ihre Verwandtschaft in Wisconsin ist gespalten, wie man hört…
Mein Schwiegervater hält zu den Republikanern und meine Schwiegermutter zu den Demokraten – vielleicht ja auch ein Grund, warum die beiden seit über 20 Jahren geschieden sind. (Lacht.) Mein Schwiegervater findet Trump nicht toll, ihm wäre ein anderer Kandidat lieber gewesen. Aber er hält zu den Republikanern und wird Trump deshalb wählen. Er versteht seine Stimme aber auch als eine Stimme gegen Kamala Harris, die ihn als Vizepräsidentin überhaupt nicht überzeugt hat.
Wird die Stimmung in den USA bei uns richtig wahrgenommen?
Glaube ich nicht, weil es doch erhebliche kulturelle Unterschiede zwischen den USA und Deutschland gibt. Bei Themen wie zum Beispiel Waffenbesitz oder Außenpolitik ticken viele Amerikaner ganz anders als die Mehrheit bei uns. Das führt dann manchmal auch zu Wahlentscheidungen, die die Mehrheit hier nicht nachvollziehen kann.
Welche Konsequenzen hätte ein Sieg von Donald Trump für Deutschland?
Zunächst mal: Wir sollten unser gutes Verhältnis zu den USA auf keinen Fall davon abhängig machen, wer im Weißen Haus sitzt. Wir müssten also auch mit einem Trump-Sieg klarkommen. Ich glaube, der Ton in den USA uns gegenüber würde ruppiger werden, wenn Trump gewinnt, viel ruppiger als unter Joe Biden, der ja einer der letzten großen Transatlantiker in der amerikanischen Politik ist. In der Wirtschaftspolitik etwa dürfte Trump wieder mehr auf Schutzzölle setzen, die auch unsere so exportabhängige Wirtschaft treffen könnten. Aber auch unter Kamala Harris würde sich einiges für uns ändern – wir hätten vielleicht etwas mehr Verlässlichkeit, man darf aber nicht vergessen, dass auch sie mehr von uns einfordern würde, zum Beispiel mehr klare Kante im Verhältnis zu China.
Sie haben selber in den USA gelebt. Vermissen Sie es manchmal?
Total, aber meine Familie und ich sind ja ab und zu dort, um die Verwandtschaft zu besuchen, das lindert den Sehnsuchtsschmerz dann doch regelmäßig. Ich bin immer wieder gerne in den USA. Außerdem werden wir die „Tagesthemen“ zur Wahl direkt aus Washington senden, darauf freue ich mich schon.