INTERVIEW

„Ein Akt der Diversität“

von Redaktion

Der „Preiß“ Florian Schroeder freut sich über den Bayerischen Kabarettpreis

Wird heute geehrt: Florian Schroeder. © Frank Eidel

Kabarettfans kennen ihn von der Bühne und aus der „Florian Schroeder Satire Show“ im Ersten, doch für öffentliche Aufmerksamkeit sorgte Florian Schroeder unter anderem auch durch seinen Auftritt bei einer „Querdenker“-Demonstration in Stuttgart im Corona-Jahr 2020, als er als vermeintlicher Sympathisant die Schutzmaßnahmen verteidigte und prompt ausgebuht wurde. Unter anderem für seinen Mut, „dicht an die Menschen heranzugehen, auch an die, die anderen Angst machen“, erkannte die Jury dem 45-Jährigen den Hauptpreis des diesjährigen Bayerischen Kabarettpreises zu. Ein Gespräch mit dem Wahl-Berliner mit baden-württembergischen Wurzeln.

Der Bayerische Kabarettpreis für einen Nicht-Bayern – was sagen Sie dazu?

Man könnte vermuten, dass die Lage des Kabaretts in Bayern so schlecht ist, dass jetzt schon Leute wie ich diesen Preis bekommen. Oder es sind ihnen einfach die bayerischen Kandidaten abhandengekommen? Ich vermute eher, dass es sich bei der Verleihung des Preises an einen Preußen um einen Akt der Diversität handelt.

Tatsächlich sind Sie nicht der erste „Preiß“, der diesen Preis bekommt.

Das habe ich auch mit einem gewissen Entsetzen zur Kenntnis genommen. (Lacht.) Aber das zeigt doch, dass es sich um eine Auszeichnung von internationalem Rang handelt, um eine Art Nobelpreis der Satire – und da bin ich natürlich gerne dabei.

Ihr Laudator wird Peer Steinbrück sein, ein ehemaliger SPD-Spitzenpolitiker. Das müssen Sie erklären!

Wir kennen uns gut, seit wir im Wahljahr 2017 gemeinsam eine Satiretour durch Deutschland gemacht und unter anderem Martin Schulz (der damalige SPD-Kandidat, Red.) als Bundeskanzler verhindert haben. Seitdem treffen wir uns einmal im Jahr, um fürs WDR-Fernsehen einen Jahresrückblick zu produzieren. Peer Steinbrück gehört zu den wenigen Politikern, die von Anfang an in der Satire besser aufgehoben gewesen wären. Zum Glück habe ich ihm diese Tür geöffnet. Und nun hat er sich eben als Laudator aufgedrängt.

Wer diese Vorgeschichte nicht kennt, wird denken, Sie machen sozialdemokratisches Kabarett.

Nein! Ich rede Leuten, mit denen ich zu tun habe, nicht nach dem Mund. Ich bin auch zu „Querdenkern“ gegangen und zu Julian Reichelt (Ex-„Bild“-Chef, der nun den rechtspopulistischen Kanal „Nius“ betreibt, Red.), da könnte man auch fragen: Ist der Schroeder selbst „Querdenker“ oder Rechtspopulist? Das ist natürlich nicht der Fall. Ich setze mich gerne mit Menschen auseinander, die ganz anders denken als ich.

In der Begründung der Jury heißt es, Sie seien ein „Brückenbauer“, einer, der über den Tellerrand hinausschaut und „nicht moralisierend in der Blase Gleichgesinnter verharrt“. Fühlen Sie sich richtig beschrieben?

Wichtiger Grundsatz, wenn man Preise bekommt: Man sollte niemals die Jury kritisieren.Ich fühle mich damit aber tatsächlich ganz gut beschrieben, weil mein Ziel eigentlich immer war, nicht vorhersehbar zu sein. Und „nicht moralisierend“ ist, glaube ich, das größte Kompliment, das man einem Satiriker machen kann.

Aktuell ist Thomas Gottschalk in den Schlagzeilen, der sich lautstark darüber beschwert, heutzutage nichts mehr sagen zu dürfen, ohne dass es einen Shitstorm gibt. Hat er Recht?

Wenn er sich beschwert, heute müsse er erst nachdenken, bevor er etwas sagt, dann sage ich: Hoffentlich tut er das! Und frage: Warum hat er es bisher nicht getan? Ich halte nichts davon, in der Öffentlichkeit so zu sprechen, wie man es vielleicht privat tut. Dass eine gewisse Enge im Diskurs entstanden ist, dass wir in einem Zeitalter des Verdachts leben, dass wir einander nicht mehr zuhören, sondern viel zu schnell urteilen, da gebe ich ihm Recht. Bei dieser Debatte wäre ich sofort dabei. Aber das wäre dann auch ein andere.

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