Dieser Bambi hat uns berührt

von Redaktion

Holocaust-Überlebende Margot Friedländer bei der feierlichen Gala in München

Hand in Hand bei der Bambi-Gala: die beiden Preisträger Margot Friedländer („Mut“) und Reinhold Messner („Unsere Erde“). „Seid Menschen“, rief die Holocaust-Überlebende den Zuschauerinnen und Zuschauern zu. © Harrel/BrauerPhotos

Man muss sich das noch einmal vor Augen führen: Ihr Vater stirbt 1942 in einem Vernichtungslager, ihre Mutter und ihr Bruder kommen in Auschwitz ums Leben. Sie selbst kann sich eine Weile verstecken, wird aber gefunden und ins KZ Theresienstadt gebracht. Dort lernt Margot Friedländer ihren Mann Adolf kennen, auch er hat seine gesamte Familie verloren. Die beiden aber überleben den Holocaust, reisen 1946 in die USA, werden US-Staatsbürger. Adolf Friedländer stirbt 1997, einige Jahre später kehrt Margot nach Berlin zurück – ohne Groll und mit dem Anliegen, ihre Geschichte zu erzählen. Sie geht in Schulen, spricht auf Veranstaltungen, erinnert und rüttelt auf. Als sie, inzwischen 103 Jahre alt und von faszinierender Schönheit und Würde, am Donnerstagabend mit einem Bambi ausgezeichnet wird, sagt sie nur wenig. „Seid Menschen“ – das sei es doch, worum es gehe. Das Publikum erhebt sich, einige haben Tränen in den Augen. Es ist der berührendste Moment der gesamten Gala.

Begonnen hatte die Veranstaltung in den Münchner Bavaria-Filmstudios mit einem echten Showknaller: Robbie Williams war gekommen, um sich nach 2013 und 2016 seinen dritten Bambi abzuholen und nutzte die Chance (wie später auch der als „Legende“ ausgezeichnete Sänger Bryan Adams), dem deutschen Publikum für dessen in der Tat unerschütterliche Treue zu danken. „Ihr habt mich einst in euer Herz gelassen und mich bis heute durch Höhen und Tiefen begleitet“, so der 50-Jährige. Ein DNA-Test habe ergeben, dass er zu acht Prozent selbst „german“ sei, erzählte Robbie, der gut in Schuss, graumeliert und mit Intellektuellen-Brille besser aussah denn je. Er, der große Fußballfan und -kenner war es dann auch, der Ausnahmefußballer Toni Kroos das goldene Reh in der Kategorie Sport überreichte. Eine schöne Idee im Rahmen einer Gala, die ansonsten eher nach dem Schema F ablief: Laudatio, Preisübergabe, Dankesrede, zwischendurch ein Showact. Ein bisschen mehr Dramaturgie, ein paar originelle Einfälle mehr hätten der Show, die erstmals nicht im frei empfangbaren Fernsehen lief, sondern auf Prime Video übertragen wurde, wirklich nicht geschadet.

Gut, dass es Leute wie Teddy Teclebrhan gibt, der in der Kategorie Comedy geehrt wurde, eine sehr liebevolle Laudatio von Schauspieler Albrecht Schuch bekam und unter anderem erzählte, dass er als Kind einst seine Mutter zum Lachen gebracht habe. Nichts anderes würde er heute im Grunde auch tun, stapelte der 41-Jährige tief und widmete den Bambi, klar, Mama und Papa. Oder Jella Haase. Sie gewann den Preis als beste Schauspielerin für die Titelrolle als „Chantal im Märchenland“ und hielt ebenfalls eine zauberhafte Dankesrede. Mehr als zehn Jahre lang habe sie die Figur schon begleitet, die ursprünglich aus dem Kinokracher „Fack ju Göhte“ stammt und sich trotz vieler Widerstände durchsetzt und ihren eigenen Weg geht. „Wenn ich eins von Chantal gelernt habe, dann ist es, unangepasst und mutig zu sein, an das Gute zu glauben“, so die 32-Jährige, die sich herzerfrischend aufrichtig über den Preis zu freuen schien.

Lars Eidinger, der sich den Bambi als bester Schauspieler abholte (für sein tatsächlich herausragendes Spiel in dem Kinofilm „Sterben“), zitierte bei seiner Dankesrede Bertolt Brecht („Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten“) und gab dem Abend damit einen weiteren berührenden Moment. „Kann man in solchen Zeiten Feste feiern?“, fragte Eidinger. „Heute war es das erste Mal so, dass ich dachte, das fühlt sich irgendwie nicht richtig an.“

Sichtlich wohl fühlte sich dafür Hollywood-Star Kevin Costner, der als „Schauspieler International“ geehrt wurde. Auch wenn manch einer im Publikum und daheim vor dem Bildschirm den Eindruck hatte, er wusste nicht so recht, wer seine Laudatorin (Schauspielerin Sibel Kekilli) eigentlich ist – der Oscar-Preisträger schwärmte von den schön gekleideten Frauen, gutaussehenden Männern und interessanten Gesprächen im Saal. „Diese Nacht“, sagte er, „werde ich nicht vergessen“.
S. THYSSEN

Artikel 3 von 3