INTERVIEW

Liebling Lenßen

von Redaktion

Deutschlands bekanntester TV-Anwalt startet ein neues Hilfe-Format bei Sat.1

Cremefarbener Anzug, sorgfältig gezwirbeltes Bärtchen: Ingo Lenßen, Deutschlands bekanntester TV-Anwalt, meldet sich ab heute von Montag bis Freitag um 18 Uhr mit einem neuen Sat.1-Format zurück. In der Sendung „Lenßen hilft“ will er gemeinsam mit den Juristen Bettina Cramer und Lennart Hartmann Menschen durch aussichtslos erscheinende Situationen lotsen. Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt der 63-Jährige, was man durch das neue Format lernen kann und warum er vor Gericht schon mal Autogramme verteilt.

Herr Lenßen, wie sieht Ihr Leben abseits der Fernsehkamera aus?

Ich habe ja tatsächlich noch eine eigene Anwaltskanzlei und gebe auch im wahren Leben Rechtsrat. Mein Fachgebiet ist das Strafrecht – insofern verteidige ich sehr oft Menschen.

Entstehen da nicht skurrile Situationen, wenn Sie als bekannter Fernsehanwalt vor Gericht erscheinen?

Ich arbeite vor allem im Bodensee-Gebiet, wo mich die meisten Richter aus meiner 30-jährigen Arbeit als Anwalt kennen. Und die wissen: Wenn der Mann kommt, dann kommt nicht automatisch auch das Fernsehen. Dann geht’s nicht um Show, sondern um Strafrecht. Das wird recht professionell gehandhabt. Hin und wieder ist aber schon mal ein Staatsanwalt mit dabei, der sich ein Autogramm für die Ehefrau oder die Mutter holt.

„Lenßen hilft“ ist ein sogenanntes Helptainment-Format. Können Sie Ihre Mission in zwei, drei Sätzen erklären?

Wenn wir Fernsehen machen, wollen wir natürlich unterhalten, aber dieses Format soll den Leuten auch etwas mit an die Hand geben, das ihnen im alltäglichen Leben hilft. Informationen, die vielen im ersten Augenblick der Überforderung fehlen. Ein Beispiel: Wenn ich am Telefon abgezockt worden bin, kann ich mich an die Bundesnetzagentur wenden oder als Opfer eines Gewaltverbrechens beim Weißen Ring Hilfe suchen. Wir liefern diese Details passend zu den Fällen.

Sind es denn echte oder ausgedachte Fälle?

Unsere Autoren haben reale Fälle recherchiert, die wir in der Sendung nachstellen. Wie Sorgerechtsstreitigkeiten, bei denen der Vater keinen Kontakt zum Sohn haben möchte. Wir klären darüber auf, dass man das Umgangsrecht auch einklagen kann, und fragen gleichzeitig, was das bringt, wenn der Vater kein Interesse zeigt. Oder jüngst hatten wir den Fall einer Witwe, bei der kurz nach dem Tod ihres Mannes die Geliebte aufgetaucht ist und Anspruch auf eine Immobilie erhoben hat. Das sind wirklich Situationen, wie sie erstaunlich häufig vorkommen. Es geht in diesen Fällen also immer um Aufklärung, Verständigung und die Frage, welche Rechtsmittel wirklich Sinn ergeben.

Sie sind bei „Lenßen hilft“ mit dem Bus unterwegs und halten an Hotspots wie Marktplätzen oder Einkaufszentren. Warum?

Wir wollten die Szenen an den Orten nachstellen, wo tagtäglich viele Menschen aufeinandertreffen und sich solche Fälle auch abspielen. Bei den Dreharbeiten kamen aber auch immer wieder Leute zum Bus und wollten sich direkt beraten lassen.

Und, konnten Sie ihnen helfen?

Beim Drehen ist der Zeitdruck natürlich groß, aber sofern es unkomplizierte Fragen waren, haben meine beiden Kollegen und ich unsere Unterstützung angeboten. Unser Ansinnen ist es ja auch, die Hemmschwelle für einen Besuch beim Anwalt zu brechen. Und das gelingt durch die Nähe.

Wo arbeiten Sie lieber – als Anwalt vor der Fernsehkamera oder vor Gericht?

Es ist ein Segen, dass ich mich nicht entscheiden muss. Ich will wirklich beides – die Dreharbeiten, bei denen ich interessante Leute kennenlerne und an einem innovativen Projekt mitarbeiten kann, sowie die realen Fälle, die mich fordern. Der große Unterschied ist: Das eine ist Spiel, das andere Ernst. Aber beides erfüllt mich und macht mich glücklich.

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