„Ein Klischee nach dem anderen“

von Redaktion

Statisten kritisieren Darstellung des Landlebens im jüngsten Stuttgarter „Tatort“ – Der Sender verteidigt sich

Ermittlungen auf der Alb: Richy Müller, Felix Klare und Irene Böhm (v. li.) im jüngsten „Tatort“ aus Stuttgart. © LInder/SWR

Nach der Kritik Dutzender Statisten am jüngsten Stuttgarter „Tatort“ versucht der verantwortliche Südwestrundfunk (SWR), Verständnis zu wecken für die aus Sicht der Komparsen klischeehafte Darstellung des Dorflebens. „Die Kritik am Film unterstellt die Erwartung, dass der ,Tatort‘ die Realität eins zu eins abbildet“, heißt es in einer Stellungnahme des SWR auf einen entsprechenden Beschwerdebrief: „Das ist aber nicht unser Anspruch.“

In der kritisierten Folge „Lass sie gehen“ suchen die Ermittler Lannert (Richy Müller) und Bootz (Felix Klare) nach dem Mörder einer jungen Frau, deren Leiche in Stuttgart entdeckt wird. Sie hatte dem Dorf den Rücken gekehrt und war – eher als Flucht vor Familie und dörflicher Enge – in die Landeshauptstadt gezogen. Während sich Lannert in Hannas Heimatort umsieht, ermittelt Bootz in Stuttgart.

Die Statisten aus einem Münsinger Tennisclub sind aber nun verärgert. „Fernsehen lebt von der Quote und muss überziehen, das verstehe ich“, sagt der Vereinsvorsitzende Jochen Schuster, der die Laiendarsteller zusammengetrommelt und den Brief an die ARD geschrieben hat. Ein öffentlich-rechtlicher Sender dürfe aber kein Bild präsentieren, das nicht mehr zeitgemäß sei. „Im Grunde genommen bedient die Haupthandlung des Films schlichtweg ein Klischee über das Dorfleben nach dem anderen“, zürnt Schuster.

Für die jüngste Folge waren Schauspieler und Crew im März vergangenen Jahres nach Bichishausen gekommen, einem 128 Einwohner zählenden Ort im Landkreis Reutlingen. Schuster nennt die Darstellung des Dörflichen im Brief einen „Affront gegenüber den Menschen im ländlichen Raum“. Es gebe durchaus eine Dorfgemeinschaft, diese sei aber „nicht feindselig“. Auf der Alb „gibt es einen Mob genauso wenig wie tropfende Wasserhähne oder das allabendliche Besäufnis im einzigen Lokal.“ Der letzte Besuch der Drehbuchautoren auf dem Land liege offenbar „Jahrzehnte zurück“, so Schuster weiter. Es werde ein Dorfleben skizziert, das es seit den Fünfzigerjahren nicht mehr gebe.

Auch der Rezensent unserer Zeitung hatte den Film kritisiert und dem Sender vor der Konzeption des nächsten auf dem Land spielenden Krimis „ein bisschen mehr Recherche vor Ort“ empfohlen. Der SWR entgegnete, die kritisierte „Tatort“-Folge sei eine fiktive Geschichte. Regisseur und Autor nähmen sich die Freiheit der künstlerischen Zuspitzung.
M. OVERSOHL/R. OGIERMANN

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