Der Weltstar gibt alles: Vicky Leandros begeisterte bei ihrem Auftritt im Café Reitschule. © Michael Tinnefeld/api
Der Weltstar kommt im goldenen Paillettenkleid durch die dampfende Küche des Café Reitschule. Vorbei an der Bar mit den Zapfhähnen, steigt Vicky Leandros auf das kleine Podest, das man in Windeseile für sie rangeschoben hat. Denn groß ist sie nicht – aber gewaltig. In null komma nix schafft sie es, dass die Gäste, die eben noch an langen Tafeln gekonnt Konversation machten, lauthals mitsingen und sich glückselig der griechischen Lebensfreude hingeben. Vorstandsvorsitzende drängen sich mit dem Handy nach vorne, Politiker, wie Clemens Baumgärtner, sind erstaunlich textsicher bei ihrer Hymne „Ich liebe das Leben.“ Später wird Vicky Leandros sagen: „Solche Charity-Konzerte sind oft nicht einfach vom Publikum her, das geht nicht immer gleich mit.“
Doch das, was Gastgeber Stavros Kostantinidis jährlich kurz vor Weihnachten veranstaltet, ist auch keine gewöhnliche Charity-Veranstaltung. Vielmehr ist es ein Gipfel der Mächtigen und Entscheider, zu dem man nur allzu gerne kommt und sein Geld dalässt. In ist, wer drin ist – das oft bemühte Baby-Schimmerlos-Bonmot gilt hier ganz besonders.
Dabei sind die Gäste, die der Netzwerker und Rechtsanwalt mit der griechischen Seele versammelt, so gut wie nie in bunten Blättern zu finden, wenn dann überhaupt nur in Manager-Magazinen. Dazwischen setzt Stavros umtriebige Generalkonsule, Minister und Polizeipräsidenten, Immobilienmogule (ja, auch René Benko war einst hier), und selbst die Geistlichkeit fehlt nicht, griechisch-orthodox natürlich.
Sie alle lassen sich mitreißen von der zarten Person mit der großartigen Stimme. War da nicht mal was mit einer Abschiedstournee? „Mein letztes Konzert war das hier“, sagt sie und lacht: „Aber nur für dieses Jahr. Jetzt ist erstmal Weihnachten.“ Und da konzentriert sich Leandros auf ihre zweite Leidenschaft: das Kochen. „An Weihnachten mache ich für die ganze Familie Ente à l‘Orange“, verrät sie. „Eigentlich koche ich die ganzen Feiertage über.“ Im nächsten Jahr geht‘s dann weiter mit Auftritten: „Für den Herbst habe ich schon Konzerte ausgemacht, in Athen, in Zypern.“ Ein Abschied auf Raten also. „Und Charity-Konzerte werde ich immer machen“, verspricht sie.
Doch Vicky live und nahbar gibt‘s nicht umsonst. Stavros geht nach dem Essen – mediterrane Vorspeisen, Fleisch- und Fischplatten zum Selbstnehmen – von Tisch zu Tisch, von Gast zu Gast. Er weiß genau, wo das Geld sitzt – und spricht seine Gäste gnadenlos darauf an. „Christian Auer, wieviel gibst Du?“ Zweitausend Euro, gut. Und Du, Christian Ehrmann? 20 000 Euro? Wunderbar.“ So geht es weiter, bis die Spendensumme an der Million kratzt. Den größten Batzen legt Hugo Trütsch auf den Tisch, Vorstand der Otto-Beisheim-Stiftung. 100 000 Euro gibt er für die beiden Stiftungen, für die an diesem Abend gesammelt wird: 600 000 Euro gehen an die Josef-Schörghuber-Stiftung, die Kindern und Jugendlichen Ferienaufenhalte und Klassenfahrten finanziert, wenn sich das deren Familien nicht leisten können. „Kinder dürfen nicht traurig am Rand stehen, sondern müssen teilhaben“, sagt Alexandra Schörghuber, die die Leitung des Konzerns an Sohn Florian übertragen hat.
Mit 300 000 Euro gehen Margot, Silja und Günter Steinberg nach Hause. Die Wiesnwirte wollen damit eine weitere Einrichtung ihrer Stiftung s‘Münchner Herz für Kinder und Senioren in sozialen Brennpunkten eröffnen.
Ebenfalls dabei: Dr. Christine Theiss, die sich nicht von ihrer neuen Liebe trennen wollte: einem nicht mehr ganz jungen Mischlingshund, der jahrelang angekettet war. Während der Dreharbeiten zu ihrer Show „The Biggest Looser“ auf Naxos befreite sie den Vierbeiner von seiner Kette und nahm ihn kurzerhand mit. Sein neues Liebesglück zeigte Orthopädie-Papst Professor Martin Marianovicz, der kürzlich seine Freundin Katharina heiratete. Und auch Veranstalter Alexander Wolfrum (Gral) liebt seit einem halben Jahr eine Journalistin. Auch dabei: Fernsehkoch Alexander Herrmann, Schauspieler Francis Fulton-Smith, Charlotte Knobloch, Ex-Regionalbischöfin Susanne Breit-Kessler, Ex-BayWa-Boss Dr. Klaus Lutz, der neue amerikanische Generalkonsul James Miller und – ebenfalls seit Jahren Stammgast: Wolfgang Krebs in seiner Paraderolle des äh, Edmund Stoiber.
Schmerzlich vermisst, vor allem von Gastgeberin Saskia Greipl-Kostantinidis, wurde Moderator und Sänger Florian Silbereisen. Mittlerweile fester Bestandteil der Stavros-Sause, meldete er sich krank. Auch Ministerpräsident Markus Söder, der sich sonst gern einen verbalen Schlagabtausch mit Stavros lieferte, wurde in Berlin gebraucht, Wahlprogramm präsentieren. Und Vicky? Verlässt ihr Mini-Podest mit einer eleganten Verbeugung und rauscht in ihre improvisierte Umkleide. Grandezza geht überall.
MARIA ZSOLNAY