Ein zauberhaftes Filmpaar: Günther Maria Halmer als Günter und Senta Berger als Marianne. Ich habe mich jeden Tag auf die Arbeit gefreut“, sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. © Olczyk/ARD
Sie sind seit Jahrzehnten verheiratet und miteinander alt geworden – jetzt nagt der Zahn der Zeit an Körper und Geist. Und so halten Marianne und Günter einander ihre größer werdenden Defizite vor. Mal mehr, mal weniger charmant. Und dann sind da noch zwei blaue Pillen, die die Erinnerung an die Zeit zurückbringen sollen, als ihre Liebe noch jung und groß war. Senta Berger und Günther Maria Halmer spielen die Hauptrollen in Rainer Kaufmanns Kinofilm „Weißt du noch“ aus dem Jahr 2023, der heute um 20.15 Uhr im Ersten Fernsehpremiere hat. Er entstand noch vor dem Tod von Bergers Ehemann Michael Verhoeven. Nach einer längeren Pause wird die 83-Jährige im Frühjahr wieder vor der Kamera stehen, wie sie vor einigen Tagen bekanntgab.
Bei einem Zweipersonenstück wie „Weißt du noch“ fragt man sich sofort, ob – und wenn ja, wie – Günther Maria Halmer und Sie am Figurenprofil oder an den Dialogen mitgewirkt haben…
Als ich das Drehbuch von Martin Rauhaus gelesen hatte, wusste ich, dass ich nicht ein Komma verändern oder mir einen Satz „mundgerecht“ machen müsste. Meinem Partner Günther Maria Halmer ging es genauso. Martin Rauhaus hatte ein perfektes Drehbuch geschrieben. Das ist selten, sehr selten. Ich habe ein oder zwei Sätze, die mir wichtig waren, hinzugefügt, aber erst später, im Laufe der Dreharbeiten, als ich mit meiner Figur schon so vertraut war. Wir hatten eine wunderbare, freundschaftliche Atmosphäre. Ich habe mich jeden Tag auf die Arbeit gefreut.
Es gibt im Film eine ganze Reihe historischer Privataufnahmen von Ihnen – wie kam es dazu, dass die verwendet wurden?
Rainer Kaufmann hat mich zuhause besucht, um die Kostüme mit mir zu besprechen. Ich war gerade dabei, die vielen DVDs, die mein Mann produziert hatte, zu sichten und zu beschriften. Rainer guckte mir ein bisschen über die Schulter. Und dann hatte er den Einfall, das junge Paar, das man im Film sieht, durch unsere alten Filme darstellen zu lassen. Günther fand auch noch ein paar Aufnahmen, und so konnten wir auf die übliche Praxis, junge Schauspieler in den Rückblenden einzusetzen, verzichten. Ich bin sehr froh darüber.
Auch die Musik ist sehr speziell, zweimal Charles Aznavour mit seiner melancholischen Stimme – wessen Idee war das, gerade ihn auszusuchen?
Auch das war Rainers (Kaufmann, Anm. d. Red.) Idee. Die richtige Musik für diesen sehr besonderen Moment im Film zu finden, war nicht einfach. Schon aus finanziellen Gründen. Es sollte ein französisches Lied sein, eins, das „ihr“ Lied war. Alle haben die Musik geliebt, das ganze Team hat noch tagelang „She“ gesummt – und ich auch.
Die beiden werfen einander altersbedingte Fehlleistungen wie Vergesslichkeit vor – kennen Sie das aus eigener Erfahrung?
Ich habe so viele Gedanken im Kopf, dass ich dann das Nächstliegende vergesse wie zum Beispiel den Hausschlüssel. Nun bin ich immer noch so beweglich, dass mich manche Nachbarn schon gesehen haben, wie ich über das hohe Gittertor klettere…
Das Ehepaar im Film entsorgt im großen Stil Akten und Kleidung. Wie ist das bei Ihnen? Heben Sie lieber auf oder können Sie sich leicht trennen?
Ich bin eine große Wegwerferin. Ich bin es geworden an der Seite eines Mannes, der nichts wegwerfen konnte. Nichts. Artikel in Zeitungen, die ihn damals, 1970, interessiert haben. Briefwechsel aus den Anfängen unserer Filmfirma „Sentana“ in den Sechzigern – alles wurde aufgehoben. Vielleicht auch aus Sentimentalität. Ich ordne und, ja, ich werfe weg.
„Du hast Angst vor jedem schönen Augenblick im Leben, weil Du ihn nicht festhalten kannst!“ – ein Satz, der auch von Ihnen stammen könnte…
Ja, das ist ein Satz von mir. Ich wurde durch das Verhalten meines Mannes in der Geschichte stark an meinen Vater erinnert, der dem Leben ausgewichen ist, wo er nur konnte, aus Angst verletzt zu werden, aus Angst, die schönen Momente im Leben nicht festhalten zu können. Ich konnte seine Haltung nicht durchbrechen.
Der Sehnsuchtsort des Paares im Film ist Frankreich. Ihrer auch? Oder doch eher Italien?
Frankreich habe ich mir nicht erobert. Merkwürdig eigentlich. Es liegt sicher auch daran, dass ich sehr schlecht Französisch spreche. Italienisch aber spreche ich fließend und gerne. Ich kann auf Italienisch lesen, das ist so eine Freude. Man erfährt so viel über das Land und seine Menschen. Und so kommt es, dass ich in Italien verliebt bin, trotz allem, immer noch und immer wieder.
„Weißt Du noch?“
läuft heute um 20.15 Uhr im Ersten und ist in der Mediathek abrufbar.